Mordprozess in Freiburg:Hussein K.s Anwalt plädiert für eine Therapie

Freiburger Mordprozess

Der Angeklagte Hussein K. sitzt im Freiburger Landgericht neben seinem Verteidiger Sebastian Glathe (r).

(Foto: dpa)

So will er seinem Mandanten ermöglichen, nach 15 Jahren wieder aus dem Gefängnis zu kommen. Ein Gutachter warnt jedoch vor einer hohen Rückfallgefahr bei dem Angeklagten, der wegen Mordes und Vergewaltigung vor Gericht steht.

Von Josef Kelnberger, Freiburg

Er leide noch heute, sein Herz brenne wegen der Schuld, die er auf sich geladen habe. So hörte sich das an, als der Angeklagte Hussein K. am Montag das letzte Wort hatte - nicht sehr viel anders als zu Beginn des Prozesses vor mehr als einem halben Jahr. Er entschuldigte sich bei den Eltern der Studentin Maria L., die er in der Nacht zum 16. Oktober 2016 bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt, vergewaltigt und sterbend in der Dreisam zurückgelassen hat. Aber seine Perspektive ist nach wie vor das Ich. Drogen, so sagte er, hätten sein Leben zerstört. Das Freiburger Landgericht muss nun entscheiden: Verdient der Mann die Chance, in 15 Jahren wieder auf freien Fuß zu kommen?

Der afghanische Asylbewerber, dessen Tat so viel Aufsehen erregt hat, wird wohl am Donnerstag nächster Woche des Mordes und der Vergewaltigung für schuldig gesprochen werden. Die Frage ist, ob er nach Erwachsenenrecht verurteilt wird, und wenn ja: ob das Gericht eine lebenslange Haft verhängt, eine "besondere Schwere der Schuld" feststellt und eine Sicherungsverwahrung anordnet, wie das der Staatsanwalt fordert. Dann hätte er so gut wie keine Chance, in 15 Jahren auf Bewährung frei zu kommen.

Sebastian Glathe, sein Verteidiger, plädierte am Montag dafür, dem Angeklagten diese Möglichkeit offen zu halten, ohne ein konkretes Strafmaß zu nennen. Eine besondere Schwere der Schuld sei im juristischen Sinn jedenfalls nicht gegeben; Hussein K. verdiene eine Therapie. Glathe sprach von Traumatisierungen seines Mandanten, sagte, Hussein K. sei in der Tatnacht unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen gestanden. Wenn sein Mandant auch Selbstmitleid an den Tag lege, so zeige er doch Reue. Im Übrigen sei nicht hinreichend bewiesen, dass er zur Tatzeit älter als 21 Jahre war - Gutachter hatten die Wahrscheinlichkeit mit 99 Prozent angegeben -, weshalb eine Verurteilung als "Heranwachsender" in Betracht käme. Die Höchststrafe läge dann bei 15 Jahren. Hussein K. hatte sich als Minderjähriger ausgegeben als er nach Deutschland kam, und machte auch im Gerichtssaal wenig glaubwürdige Angaben dazu.

Folgt man dem psychiatrischen Gutachter, so liegt das Problem des Angeklagten weder in Traumatisierungen oder psychischen Erkrankungen, noch in Alkohol oder Drogen, sondern in seiner Persönlichkeit: Sein Selbstmitleid wäre demnach die Kehrseite der Gewaltfantasien, mit denen er Frauen begegnet. Schon 2013 hatte Hussein K. eine Frau in Griechenland angegriffen, er wurde wegen versuchten Mordes verurteilt. Dem Angeklagten mangle es an jeglicher Empathie, so der Gutachter, es bestehe hohe Rückfallgefahr.

Darauf bezog sich in seinem Schlussvortrag Bernhard Kramer als Anwalt der Eltern von Maria L., die als Nebenkläger in dem Prozess auftraten. Er schloss sich dem Staatsanwalt an. Seinen Mandanten geht es nicht um Rache. Sie wollten die Wahrheit über den Tod ihrer Tochter erfahren und sicher sein, dass die Allgemeinheit vor Hussein K. geschützt werde. Das Ehepaar L. lebt in Belgien, die beiden werden auch zur Urteilsverkündung nicht nach Freiburg kommen. Sie würden es nicht ertragen, in einem Raum mit dem Angeklagten zu sein, sagte Kramer.

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