Mordprozess gegen Rocker:"Zuckerbrot und Peitsche"

Mordprozess gegen Hells-Angels-Rocker

Ein Polizist sichert am 4. November 2014 den Bereich vor dem Besuchereingang am Kriminalgericht in Berlin-Moabit.

(Foto: dpa)
  • Ein angeklagter Rocker hat die Seiten gewechselt und steht nun als Kronzeuge in einem Prozess gegen Mitglieder der "Hells Angels" vor Gericht.
  • Den Rockern wird vorgeworfen, aus Rache einen 26-jährigen Mann in einem Berliner Wettbüro erschossen zu haben.
  • Der Kronzeuge behauptet nun, von dem Tötungsauftrag nichts gewusst zu haben.

Ex-Rocker als Kronzeuge im Prozess

Im Mordprozess gegen Rocker der Hells Angels haben die Verteidiger eines Angeklagten begonnen, dessen Aussagen bei der Polizei vor dem Berliner Landgericht zu verlesen. Der 27-Jährige gilt als Kronzeuge der Anklage und steht unter Polizeischutz. Er gab seine Anwesenheit am Tatort zu und benannte mutmaßliche Komplizen, die nun zu den zehn anderen Angeklagten gehören. Von einem Tötungsauftrag habe er aber nichts gewusst, verlas einer der Anwälte des 27-Jährigen.

Aussage nach Festnahme

Der jetzige Kronzeuge hatte zwei Monate nach seiner Festnahme bei der Polizei gegen seine ehemaligen Gefährten ausgesagt. Ihm zufolge habe der Boss der Gruppierung angeordnet, sie sollten in das Wettspielcafé fahren und "Präsenz zeigen".

Der 30-Jährige habe nicht gesagt, dass das spätere Opfer erschossen werden sollte. "Er würde sich nicht vor 30 oder 40 Leute stellen und sagen: Bringt den mal um", hatte der Rocker-Aussteiger zu Protokoll gegeben. Über den mitangeklagten Chef der Gruppierung sagte er: "Er herrscht im Club nach dem Prinzip Zuckerbrot und Peitsche."

Motiv war vermutlich Rache

Die Anklage geht von einem Anschlag aus Rache aus. Hintergrund sei eine Messerstecherei vor einer Diskothek im Oktober 2013 gewesen, bei der ein Hells-Angels-Rocker verletzt worden war. Am 10. Januar waren 13 teilweise Vermummte in das Wettbüro gestürmt. Der Mann an der Spitze soll acht Kugeln abgefeuert haben.

Ungewöhnliche Form einer Aussage in einem Strafprozess

Die Verteidiger des mitangeklagten Kronzeugen wollen die früheren Angaben des 27-Jährigen bei der Polizei auch als Aussagen vor Gericht bewertet wissen. Diese ungewöhnliche Form einer Aussage in einem Strafprozess hatten andere Anwälte als unzulässig kritisiert. Die Richter hatten aber keine Bedenken und erlaubten die Verlesung. Der Prozess wird am 2. Dezember fortgesetzt.

Der Rachemord im Wettbüro

Den elf Angeklagten wird ein Rachemord in einem Berliner Wettbüro im vergangenen Januar zur Last gelegt. Zehn der Verdächtigen im Alter von 25 bis 38 Jahren gelten als Angehörige der Hells Angels. Ein 30-jähriger Rocker-Boss soll die Schüsse auf einen 26-Jährigen in Auftrag gegeben haben. Das Opfer wurde binnen fünf Sekunden von sechs Kugeln tödlich getroffen.

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