Mordprozess gegen Profisportler:Nachbar stützt Pistorius' Version

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Am vierten Prozesstag im Mordporzess gegen Oscar Pistorius sagt zum ersten Mal ein Zeuge aus, der die Version des Angeklagten stützt.

(Foto: AFP)

Er war der erste Zeuge am Tatort, nur Minuten nachdem Reeva Steenkamp erschossen wurde: Ein Arzt, der nahe Oscar Pistorius' Haus wohnt, schildert vor Gericht die dramatischen Szenen, die er in jener Nacht miterlebt hat. Im Gegensatz zu anderen Nachbarn belastet er den Angeklagten nicht.

Oscar Pistorius schluchzte, weinte und hielt sich zeitweise die Ohren zu, als er die Schilderung des Zeugen hörte. Am vierten Tag des Mordprozesses gegen den Profisportler war der Arzt Johan Stipp in den Zeugenstand geladen. Er war der erste Augenzeuge am Tatort in jener Nacht vom 13. auf den 14. Februar 2013, als Pistorius in seinem Haus vier Schüsse abgab. Sie durchdrangen die Badezimmertür und trafen seine Freundin Reeva Steenkamp tödlich.

Der Prozess soll klären, ob Pistorius dabei in Tötungsabsicht handelte, wie die Staatsanwaltschaft annimmt, oder ob es ein tragischer Unfall war, weil er seinen Freundin für einen Einbrecher hielt - so die Version von Pistorius.

Stipp ist ein Nachbar des behinderten Profisportlers. In jener Nacht hörte er Hilferufe, Schreie und Schüsse. Zuerst alamierte er den lokalen Sicherheitsdienst. Dann eilte er zum Haus von Pistorius, den er zu diesem Zeitpunkt noch nicht kannte.

Im Gerichtsaal berichtete der Zeuge jetzt, dass Pistorius ohne seine Beinprothesen über der leblosen, blutenden Reeva Steenkamp gestanden und geweint habe. "Ich habe sie erschossen, ich dachte, sie war ein Einbrecher und ich habe sie erschossen", soll Pistorius gesagt haben.

Der Sportler habe laut gebetet und Gott angefleht, seine Freundin möge nicht sterben. Pistorius habe weinend gesagt, er würde sein Leben geben, wenn Reeva nur durchkäme. Stipp, der als Radiologe tätig ist, stellte nach eigenen Angaben aber fest, dass die blutende Frau nicht mehr atmete und keinen Puls mehr hatte.

Mehr als 100 Zeugen der Anklage

Stipp ist der erste Zeuge, der Pistorius' Version der Ereignisse stützen könnte. In den ersten Tagen des Mordprozesses hatten drei andere Nachbarn den Sportler schwer belastet. Sie alle sprachen von Schreien und Streit im Haus von Pistorius, die sie vor den tödlichen Schüssen gehört hatten. Zwar hatte Pistorius' Verteidiger Barry Roux mit scharfen Attacken versucht, die Glaubwürdigkeit der Zeugen zu erschüttern, doch letztlich deckten sich ihre Schilderungen in den wesentlichen Punkten.

Pistorius hatte sich am ersten Prozesstag in allen Anklagepunkten für unschuldig erklärt. Allein die Staatsanwaltschaft hat mehr als 100 Zeugen benannt. Beobachter rechnen deshalb damit, dass der ursprünglich auf drei Wochen angelegte Prozess wesentlich länger dauern könnte.

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