Süddeutsche Zeitung

Mord an Yasmin Stieler:Fahndungserfolg nach zwölf Jahren

Vor 12 Jahren wurde die Schülerin Yasmin Stieler grausam ermordet und ihre Leiche zerstückelt. Nun hat die Polizei einen Tatverdächtigen verhaftet - der schweigt sich aus.

Das Schicksal von Yasmin Stieler hat die Peiner Polizei nie losgelassen. Die 18 Jahre alte Schülerin aus Uelzen war am 5. Oktober 1996 ermordet und zerstückelt worden.

Vor zwei Jahren nahmen sich die beiden Ermittler Carsten Sommer und Christian Gleich den Aktenberg erneut vor und arbeiteten ihn akribisch durch. Die Mühe scheint sich gelohnt zu haben, seit Donnerstag sitzt ein Tatverdächtiger in Untersuchungshaft.

"Der Mann war schon länger ins Visier der Ermittler geraten", sagte Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe, Sprecher der Braunschweiger Anklagebehörde. Ein Zeuge habe kurz nach der Tat Auffälligkeiten im Verhalten des Mannes beobachtet. "Der Zeuge hat sich aber erst viel später an die Polizei gewandt", sagte der Oberstaatsanwalt.

Der verheiratete 41-jährige Verdächtige schweigt auch einen Tag nach seiner Verhaftung. Viele Details gaben die Ermittler bislang nicht preis: "Der Mann hat nicht gestanden, es ist also ein Indizienverfahren, da müssen wir mit Details vorsichtig sein", erläuterte Polizeisprecher Thomas Geese die Zurückhaltung der Behörden. Der Braunschweiger Staatsanwalt Joachim Geyer sagte: "Wie die weiteren Ermittlungen aussehen werden, hängt davon ab, wie sich der Beschuldigte nach der Beratung mit seiner Anwältin verhält." Die Verteidigerin lese derzeit die Akten.

Vor allem ein Spaten aus dem beruflichen Umfeld des Mannes gilt als Beweisstück. Die Ermittler entdeckten Erdspuren, die mit denen des Torso-Fundortes übereinstimmten. "Ein winziger Lacksplitter des farblich sehr auffälligen Spatens wurde zudem in der Bodenprobe vom Vechelder Bahndamm gefunden", verrät Ziehe.

An der Bahnstrecke zwischen Braunschweig und Hannover hatten Spaziergänger gut eine Woche nach Yasmins Verschwinden ihren Torso gefunden. Einige Wochen später entdeckte die Polizei in einem Teich bei Hannover-Ricklingen die Beine des Mädchens. Der Kopf wurde dann im Mai des darauffolgenden Jahres bei Hämelerwald im Kreis Hannover gefunden. Die Hände blieben verschwunden.

Mutter bedankt sich bei der Polizei

Schon kurz nach der Tat hatte die Polizei versucht, den Fall mit ungewöhnlichen Aktionen aufzuklären. Beamte suchten verschiedene Braunschweiger Diskotheken auf. Dorthin wollte Yasmin mit dem Zug über Hannover fahren. Eine Beamtin hatte sich wie das Opfer gekleidet und den Besuchern wurden Fotos der Gymnasiastin gezeigt. Doch weder diese Aktion noch zahlreiche Zeitungsartikel und Fernsehsendungen brachten entscheidende Hinweise.

Im Dezember 1996 gaben 1300 Männer aus Vechelde eine Speichelprobe ab, die mit einem gefundenen Haar verglichen wurden. Eine solche Massenaktion galt damals noch als außergewöhnlich, ebenso wie der Einsatz eines Profilers.

Der jetzt verhaftete Mann war damals nicht zum Speicheltest geladen. Er lebte in einem Dorf, dessen Bewohner nicht teilnehmen mussten. "Irgendwo musste ja die Grenze gezogen werden", sagte Ziehe.

Damit der Fall nicht in Vergessenheit geriet, ließ die Polizei im September 1997 großflächige Plakate entlang der Bahnstrecke Braunschweig/Hannover mit Bildern von Yasmin anbringen. Die Belohnung wurde auf rund 25.000 Euro erhöht - aber dennoch kamen die Ermittler nicht weiter.

Angesicht des Fahndungserfolgs nun hat sich die Mutter des Opfers öffentlich für den Einsatz der Polizei bedankt. Sie bat außerdem die Medien, Rücksicht auf den gesundheitlichen Zustand der Familie zu nehmen. "Ein schwerer Weg liegt noch vor uns", schrieb sie.

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dpa/ssc/cag
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