Monopoly:Das Glück des Teufels

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Noch drei Tage läuft die Abstimmung zum Welt-Monopoly. Die Nazis und Fidel Castro verboten das Brettspiel einst, das nicht nur Johnny Depp liebt. Dabei wurde der Spieleklassiker zunächst vom Hersteller abgelehnt - wegen 52 Fehlern.

Matthias Kolb

Die Abstimmung läuft noch, aber Berlin liegt schon weit zurück. Auf Platz 34 steht die deutsche Hauptstadt momentan bei der Abstimmung über die 20 beliebtesten Städte des Erdballs, die schließlich bei der "Welt-Ausgabe" dabei sein werden. Lediglich 1,2 Prozent der Stimmen fielen bisher auf Berlin - München und Frankfurt sind noch schlechter platziert.

Monopoly: Zum Gewinnen braucht man "das Glück des Teufels". (Foto: Foto: dpa)

Die letzten Klicks können noch bis zum 28. Februar gemacht werden, doch am vergangenen Wochenende entfernte Hasbro die Rangliste von der Website www.monopolyvote.com. Die Begründung: Die Spannung soll erhöht werden. Momentan liefern sich Istanbul und Montreal ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Ehre, der exklusiven Schlossallee ihren Namen zu leihen.

Mehr als 250 Millionen Exemplare von Monopoly gingen weltweit über die Ladentische, doch vor 75 Jahren gaben die Spiele-Experten des Herstellers Parker der Erfindung von Charles Darrow keine Chance. Ihre Regeln waren streng: Ein gutes Gesellschaftsspiel braucht ein klares Ziel und dauert maximal 45 Minuten. Sonst werde es langweilig und das sei fast so schlimm wie die Leute zu überfordern. Mieten, Hypotheken, den Bau von Häusern und Hotels - das würde den Amerikanern nicht gefallen, dachte man in der Spieleredaktion und lehnte Monopoly 1933 ab. Ein Spiel, bei dem man die anderen ruinieren muss, sei unverkäuflich. Angeblich teilte Parker dem Erfinder mit, Monopoly habe 52 fundamentale Fehler.

Doch Darrow, ein arbeitsloser Heizungsingenieur aus Pennsylvania, gab nicht auf. Waren nicht alle Nachbarn begeistert von der Idee, die er am Küchentisch entwickelt hatte? Das Spielfeld hatte er aus Wachstuch zurechtgeschnitten, die Häuser aus Holzabfällen geschnitzt und jede Karte per Hand beschrieben. Die Figuren ersetzte er durch Radiergummis, Fingerhüte, Garnrollen und Schmuckstücke seiner Mutter. Als Vorbild für die Straßennamen diente ihm das Zockerparadies Atlantic City in New Jersey.

Darrow wollte aber nicht seinen Nachbarn die Zeit vertreiben - in der Weltwirtschaftskrise hoffte er, mit Monopoly Geld zu verdienen. Er ließ trotz der Kritik 5000 Spiele produzieren. 200 Exemplare landeten im New Yorker Spielwarengeschäft F.A.O. Schwarz und waren schnell ausverkauft. Bei einer Freundin entdeckte Sally Barton Monopoly und war begeistert. Sally kannte unzählige Spiele, denn ihr Vater George war der Gründer von Parker - jenem Unternehmen, das Monopoly 52 Fehler attestiert hatte.

Inzwischen leitete Sallys Ehemann Robert die Firma, die kurz vor der Pleite stand. Robert spielte mit seiner Frau eine Partie und traf eine Entscheidung, die sein Unternehmen retten und der Welt das erfolgreichste Brettspiel aller Zeiten bescheren sollte: Ab 1935 wurde Monopoly von Parker in den USA vertrieben.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Warum die Nazis das Spiel verboten und welche Editionen es noch geben soll.

Schon 1935 wurde das Spiel um Mieten und Moneten trotz der Rezession mehr als eine Million Mal verkauft, so dass man bei Parker im Jahr darauf die Produktion künstlich drosselte - man fürchtete, es könne sich sonst totlaufen. Doch auch hier irrten sich die Experten: Die Faszination Monopoly hat seither nie nachgelassen und seit 1935 gingen mehr als 250 Millionen Sets über die Ladentheke. Ereigniskarten wie "Gehen Sie über Los und ziehen Sie 4000 Mark ein" oder "Bankirrtum zu Ihren Gunsten" existieren heute in 26 Sprachen (inklusive Blindenschrift) in knapp hundert Ländern. Hinzu kommen Sondereditionen für Großstädte (München, Barcelona), Fußballklubs (FC Bayern München), TV-Serien ("Die Simpsons", "Spongebob") oder eine Neuauflage zur Euro-Einführung.

Allerdings gilt es mittlerweile als erwiesen, dass es vor Darrows Geniestreich ein ähnliches Spiel gab: 1904 ließ sich Elizabeth J. Magie ihr "The Landlord's Game" patentieren, das sie in sozialkritischer Absicht entworfen hatte und das nie professionell produziert wurde. Es bleibt unklar, ob Darrow The Landlord's Game jemals gespielt hat.

Die Beliebtheit von Monopoly kann man an den unzähligen Kuriositäten und Rekorden erkennen. Eine Auswahl: Die längste Partie in einer Badewanne dauerte 99 Stunden und in einem Fahrstuhl feilschte eine Studentengruppe 16 Tage um die vier Bahnhöfe. Sogar im Weltraum wurde gezockt: 1995 hatte ein Spaceshuttle ein im Auftrag der Nasa gefertigtes Set mit Karten aus unbrennbarem Papier an Bord - es steht heute in einem Museum in Washington. Die längste Partie ohne Unterbrechung dauerte stolze 59 Tage.

In den achtziger Jahren trällerte Klaus Lage voller Überzeugung: "Monopoly, Monopoly/ Wir sind nur Randfigur'n in einem schlechten Spiel/ Monopoly, Monopoly/ Und die in der Schlossallee verlangen viel zu viel." Der Text stammt übrigens von Diether Dehm, der momentan für die Linken im Bundestag sitzt. Zu den Monopoly-Fans gehören auch Schauspieler wie Johnny Depp - angeblich plant Hersteller Hasbro, der Parker übernommen hat, eine Verfilmung seines berühmten Produkts mit Scarlett Johansson in der Hauptrolle. Als Regisseur ist Ridley Scott vorgesehen.

1935 kam Monopoly in Großbritannien auf den Markt. Eine Sekretärin ersetzte die fremden Straßennamen durch bekannte Londoner Adressen und machte aus den Dollars Pfund. Für die deutsche Ausgabe wählte man Berliner Straßen - die teuerste Straße hieß "Schwanenwerder". Auf dieser Insel im Großen Wannsee wohnten unter anderem Albert Speer und Propagandaminister Joseph Goebbels. 1936 wurde Monopoly wegen seines "jüdisch-spekulativen Charakters" verboten - vielleicht sollte auch der Eindruck vermieden werden, Goebbels wohne in der nobelsten Straße der Hauptstadt.

Wegen dieses Verbots und der Teilung Berlins war Deutschland lange das einzige Land, in dem Monopoly nicht in der Hauptstadt oder einer anderen Großstadt spielt. Turmstraßen oder Münchner Straßen gibt es überall, doch verglichen mit den Konkurrenzadressen wirkt die Schlossallee bescheiden: In Frankreich giert jeder nach der Pariser Rue de la Paix, die Spanier fürchten den Paso del Prado in Madrid sowie die Russen den Arbat in Moskau. In der Sowjetunion war das Spiel bis 1988 verboten und auch Fidel Castro ließ nach seiner Machtübernahme 1959 alle Spiele in Kuba konfiszieren.

Doch warum ist das kapitalistischste aller Spiele so erfolgreich? Es kann endlos dauern und für Aufregung und böses Blut sorgen. Die amerikanische Psychologin Joyce Brothers hat eine Erklärung für die Attraktivität des Spiels gefunden: "Es erfordert so viel Geschicklichkeit, dass sich der Sieger schmeicheln darf, der beste Spieler zu sein, und hängt doch es so weit vom Glück ab, dass der Verlierer sein Pech auf die Würfel schieben kann."

Ähnlich denkt Klaus Armbrüster aus Worms. Der ehemalige deutsche Meister verlässt sich nicht nur auf die Würfel, sondern verfolgt eine spezielle Strategie, wie er vor Jahren verriet: "Ich kaufe immer die hellblauen Straßen, etwa die Poststraße und die braunen Felder wie die Berliner Straße." Dies sei eine Frage der Wahrscheinlichkeit: Die Spielfiguren landen häufig im Gefängnis und auf dem Los-Feld - beim Verlassen dieser Punkte sei es anzunehmen, dass sie auf diesen Straßenzügen landen. Allerdings sollte man sich nicht zu sehr auf Taktik verlassen: Bei Monopoly habe man nur eine Siegchance, wenn man nach dem Prinzip "Alles oder Nichts" spiele, so Armbrüster. Der aktuelle deutsche Meister ist Hans-Georg Schellinger aus Reutlingen landete bei der letzten Weltmeisterschaft auf dem achten Platz.

Ein großer Fan von Monopoly war der ehemalige britische Premierminister Edward Heath: Er empfahl Michail Gorbatschow in den achtziger Jahren, mit Hilfe des Spiels den Kapitalismus zu üben. Zum Erfolg benötigt man laut Heath drei Dinge: "Die Verhandlungskunst von Marco Polo, das Durchsetzungsvermögen von Machiavelli und das Glück des Teufels."

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