Monica Lierhaus im Koma:"Ernsthaft erkrankt"

Das Gewicht der TV-Moderatoren in der Öffentlichkeit: Wie das Schicksal von Monica Lierhaus zur Schlagzeile wurde - und wie ihre Anwälte die erkrankte Moderatorin schützen wollen.

Hans-Jürgen Jakobs

Manchmal liegt die ganze Dramatik in der Kürze. Die Mitteilung der ARD vom Mittwoch, 16.08 Uhr, war kurz: "Monica Lierhaus ist ernsthaft erkrankt. Sie musste sich Anfang des Jahres einer Operation unterziehen und liegt zurzeit im künstlichen Koma."

Monica Lierhaus im Koma, ddp

Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses: Fernsehmoderatorin Monica Lierhaus.

(Foto: Foto: ddp)

Koma? Wenn davon die Rede ist, weiß man, dass Leben bedroht ist. Dass auch ein "Routineeingriff" unerwartete Probleme mit sich bringen kann. Bei der 38-jährigen TV-Moderatorin Lierhaus begann sofort das Spekulieren, was die ARD mit "ernsthaft krank" meint. Eine Folge war das Fax aus der Kanzlei des Hamburger Anwalts Matthias Prinz, das eine Stunde nach der ARD-Meldung in den Redaktionen ankam. Da forderten die Juristen "im Auftrag unserer Mandantin" auf, "Recherche und Berichterstattung über die Erkrankung zu unterlassen" - das gehöre zum "innersten Bereich der Privatsphäre". Insbesondere Fotoveröffentlichungen wurden genannt.

Es sei eine "neue Dimension, dass ein Arbeitgeber ohne die Betroffene und ihre Familie solche Details einer Erkrankung veröffentlicht", sagt die Hamburger Presseanwältin Dorothee Bölke. Doch ARD-Programmdirektor Volker Herres bat alle Medien auch, die Privatsphäre von Lierhaus zu respektieren und von journalistischen Nachfragen in ihrem Umfeld abzusehen.

Offenbar hat die ARD auf Recherchen der Bild-Zeitung reagiert. Das Blatt präsentierte tagsdrauf eine groß aufgemachte Titelgeschichte und versorgte das Land mit näheren Angaben zu der Operation. Ob die Angehörigen klagen, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall soll verhindert werden, dass aus dem Krankenhaus berichtet wird oder tagelang allerlei wilde Spekulationen über den Gesundheitszustand angestellt werden.

Anwalt Prinz berät seit mehr als zehn Jahren die populäre TV-Journalistin Lierhaus. Sie sei durch ihre Medienpräsenz eine "absolute Person der Zeitgeschichte", sagt Lutz Tillmanns, Geschäftsführer des Deutschen Presserats, gleichzeitig schrieben die internen Richtlinien vor, dass Erkrankungen grundsätzlich "in die Geheimsphäre des Betroffenen" fallen.

Das Schicksal der Fernsehfrau war zur fetten Schlagzeile geworden - die Causa deutet darauf hin, welches Gewicht TV-Moderatoren inzwischen bekommen haben. Für die Öffentlichkeit sind sie die großen Erklärer des Lebens und Vertrauenspersonen geworden. Lierhaus vermittelte den vermeintlichen Männersport Fußball auch Frauen und brachte dem Volk die Nationalelf näher, deren Erfolge Staatsthema sind. Fußball-Coach Joachim Löw zeigte sich nach Gesprächen mit ihr genauso beglückt wie die Kanzlerin Angela Merkel.

Auf Seite 2: Wen Monica Lierhaus bewundert

"Ernsthaft erkrankt"

So war die Hamburgerin zu einem Markenzeichen geworden, wie Sender sie brauchen, um im Quotenkampf Atmosphäre zu schaffen. Dafür ist eine handverlesene Riege sozialverträglicher Typen wie Johannes B. Kerner oder Reinhold Beckmann zuständig, die mal einen Fußballprofi, mal einen Berufspolitiker freundlich ausfragen können.

Beckmann wird die erkrankte Kollegin Lierhaus vertreten, wenn am 30. Januar zum Auftakt der Bundesliga-Rückrunde der FC Bayern München beim Hamburger SV antritt. Die Dienstpläne sind neu geschrieben worden.

Der ARD-Star, der auch eine eigene Talkshow hat, war schon im Privatsender Sat.1 der Chef von Monica Lierhaus. Hier hat sie volontiert, hier sagte sie Promigeschichten bei "Blitz" an und war schließlich in der Fußballshow "ran" zu sehen. Nach der Sat1-Zeit arbeitete sie für Premiere und für das ZDF, wo sie zusammen mit dem verstorbenen Bodo Hauser die Krimi-Rateshow "Ein mörderisches Spiel" machte.

Der Marktwert der TV-Journalistin ist inzwischen so sehr gestiegen, dass ihr nach Wechselgerüchten jüngst seitens der ARD offenbar ein neuer Vertrag über 875.000 Euro jährlich avisiert wurde, was Produktionskosten einschloß.

"Nah dran", so beschrieb Monica Lierhaus ihren Arbeitsplatz. Einblick in ihr Seelenleben gab sie vor vier Jahren in einem Interview von Bunte, als sie über zwei Beinahe-Unfälle sprach und sich an alte Gedanken erinnerte: "Wenn es das jetzt gewesen sein sollte, wäre es zwar sehr tragisch, weil ich an meinem Leben hänge. Aber ich habe so viel Glück und Liebe erfahren, dass ich jetzt loslassen könnte."

Bewundert hat sie Frauen wie Sabine Christiansen, die sich in einem schwierigen Umfeld trotz zum Teil ätzender jahrelanger Kritik durchgesetzt haben. Das imponierte ihr, der exzellenten Handwerkerin des Fernsehens, deren Kamerasicherheit von vielen Kollegen gerühmt wird.

Sie hat in der ARD sogar die chauvihaften Komplimente des jahrelangen Programmchefs Günter Struve überstanden, der verkündete: "Wenn man ein so schönes Gesicht bekommen kann, dann darf man es nicht nur alle drei Wochen zeigen." Struves Nachfolger Herres erklärt, die Zuschauer müssten "nun eine Zeitlang ohne Monica Lierhaus auskommen", aber das sei "zweitrangig".

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