Unerwartete Besucher sind oft die schlimmsten - nicht nur auf der Erde, auch auf dem Mond. Dort, genauer gesagt auf der erdabgewandten Seite des Trabanten, soll Anfang März ein Teil einer ausgedienten Rakete des US-Unternehmens Space-X einschlagen. Ungeplant, und ziemlich überraschend.
Der spontane Besucher hat eine lange Reise hinter sich: Vor sieben Jahren brachte die Rakete einen US-Forschungssatelliten in die Tiefen des Alls. Es folgte eine reichlich chaotische Flugbahn zwischen Erde und Mond. Und nun der Crash - am 4. März, gegen 13.30 Uhr, wie der US-amerikanische Astronom und Programmierer Bill Gray errechnet haben will. Der genaue Zeitpunkt könne sich noch ändern, da das etwa 14 Meter lange Raketenteil unkontrolliert durchs All taumle, schreibt Gray auf seiner Website. Dass es auf dem Mond einschlagen werde, sei aber "hundertprozentig sicher".
Normal ist all das nicht. Die sogenannte Oberstufe einer Rakete, die nun Bekanntschaft mit dem Mond machen wird, ist eigentlich dafür zuständig, Satelliten oder Raumsonden auf ihre endgültige Bahn zu bugsieren. Sie wird aktiv, nachdem die riesige Hauptstufe, die die Rakete beim Start beschleunigt, ihre Arbeit vollbracht hat. Die Hauptstufe trennt sich ab und fliegt - zumindest bei Space-X - kontrolliert zurück zur Erde. Die Oberstufe hingegen zündet nach erfüllter Mission ein letztes Mal ihr Triebwerk, nimmt Kurs auf die Erdatmosphäre und verglüht darin. Normalerweise.
Beim Start vor sieben Jahren musste die Oberstufe allerdings Zusatzarbeit leisten. Es galt, den Forschungssatelliten auf eine Bahn zu bringen, die ihn 1,5 Millionen Kilometer weit ins All führte. Am Ende hatte die Raketenstufe nicht mehr genug Treibstoff, um zurück zur Erde zu stürzen. Ihre Energie reicht allerdings auch nicht, um den Anziehungskräften von Erde und Mond zu entwischen. Es folgte eine Odyssee zwischen den beiden Himmelskörpern.
Ein bis zu 20 Meter großer Krater könnte auf dem Mond entstehen
Aus solch einer Umlaufbahn gibt es nur drei Auswege, erklärt Harvard-Astronom Jonathan McDowell bei Twitter: Mit viel Glück kann die Oberstufe aus ihrer Bahn geworfen werden und ins All entfleuchen. Wahrscheinlicher aber ist der unvermeidliche Zusammenstoß mit Erde oder Mond. In diesem Fall wird es der Mond.
Dort soll die etwa vier Tonnen schwere Oberstufe mit einer Geschwindigkeit von mehr als 9000 Kilometer pro Stunde einschlagen. Ein bis zu 20 Meter großer Krater könnte entstehen. Den Mond wird das nicht weiter stören, für die Wissenschaft könnte der Crash sogar interessant werden: Mehrere Raumsonden umkreisen derzeit den Trabanten, unter anderem aus Indien und den USA. Sie werden den Einschlag aufgrund ihrer Umlaufbahnen zwar nicht live verfolgen, bei späteren Überflügen könnten sie mit ihren Sensoren das Loch und den herausgeschlagenen Mondstaub aber analysieren. Ein willkommener Einblick in die Tiefen des Mondes.
Was die Wissenschaft freut, ist für Space-X eine unschöne Nachricht. Der bevorstehende Crash zeigt einmal mehr, dass sich das Unternehmen des Milliardärs Elon Musk bislang nicht um den Müll geschert hat, den es im All hinterlässt. Er zeigt aber auch, dass noch immer keine verbindlichen Regeln existieren, wie das All sauber gehalten werden soll. Die erste Ankunft auf dem Mond dürfte sich Space-X jedenfalls anders vorgestellt haben: Das Unternehmen ist von der US-Raumfahrtbehörde Nasa damit beauftragt, die Landefähre zu bauen, die die nächsten Menschen im Mondstaub absetzen soll. Deren Besuch ist erst fürs Jahr 2025 geplant und soll dann weniger spontan und unerwartet ablaufen.