Süddeutsche Zeitung

SZ-Kolumne "Mitten in ...":Her mit den Scheinen!

Nach einer Verkehrskontrolle in der Rebellenregion Transnistrien beschließt ein SZ-Redakteur, sich nie wieder über ein deutsches Knöllchen zu ärgern. Drei Anekdoten aus aller Welt.

Mitten in ... Tiraspol

In der transnistrischen Rebellenhauptstadt Tiraspol gerät unser Mietwagen in eine Verkehrskontrolle, Geschwindigkeitsübertretung, angeblich. Die Polizei steckt meinen Freund und Fahrer in den Streifenwagen und droht, seine Dokumente verschwinden zu lassen, wenn wir nicht eine stattliche Summe berappen. Ich ahne, dass wir keine Quittung bekommen werden - und will schon protestieren, als mein Begleiter mir die Absenz deutscher Diplomatie in dem Separatistenstaat in Erinnerung ruft. Plötzlich setzt sich der Streifenwagen samt Freund in Bewegung, als Teil des Machtspiels. Ich gebe mich zumindest scheinbar geschlagen, halte meinen Geldbeutel hoch - und beginne, weithin sichtbar, die Scheine zu zählen. Das blanke Entsetzen der Uniformierten bestätigt meine Korruptionsvorahnung. Beim nächsten deutschen Knöllchen werde ich dankbar lächeln. Felix Hartmann

Mitten in ... München

Die Freundin verkündet beiläufig den Termin für ihre standesamtliche Trauung. In drei Tagen, ohne Freunde und Verwandte, das Ganze sei ein Verwaltungsakt, bitte alles nüchtern und bescheiden. Man kann sich nicht zurückhalten und bestellt im Internet drei Heliumballons in Herzform, Modell "Just Married", Größe XL, bisschen Gold, bisschen Glitzer, Auslieferung am Trauungstag. Nach dem Verwaltungsakt lässt die Freundin wissen, es sei emotionaler gewesen als gedacht. Kein Wort zu den Ballons. Zu viel Glitzer? Zwei Tage später trifft eine Nachricht ein: "Danke für die Glückwünsche zum Sechzigsten!" Dazu ein Foto von einem winzigen schwarzen Ballon mit einer 60 darauf. Der Lieferdienst entschuldigt sich für die Verwechslung, die Eheleute nehmen es gelassen, und man versucht, es ihnen gleichzutun: Nüchtern und bescheiden war schließlich das Motto. Felicitas Kock

Mitten in ... Mailand

Gerade aus dem Nachtzug gepurzelt, schon ist der Zwölfjährige im Herbstferienglück: Inter Mailand spielt gegen - gegen wen eigentlich? Ach ja stimmt, Udinese, der Gegner war beim Kauf der Tickets vollkommen egal. Hauptsache, einmal im Leben ins San-Siro-Stadion! Da sitzen wir nun, fremde Gesänge um uns herum. Auf der großen Leinwand werden Fans herangezoomt. Aber was ist das? Plötzlich ist Ton zu hören. Ein nervös trippelnder Mann mit roter Brille und Mikrofon in der Hand redet auf Italienisch auf eine braun gelockte Frau im Inter-Trikot ein. Frage an den Sohn: "Ist das eine berühmte Spielerin?" Kriegt die einen Pokal überreicht? Aber jetzt küsst sie den Mann auf den Mund, das Stadion applaudiert. Hinter den beiden halten Freunde ein Banner hoch: "Vuoi sposarmi?" Der Google-Übersetzer klärt auf: Willst du mich heiraten? Mareen Linnartz

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