Mitten im ... Urlaub
Es kann immer und überall passieren, aber meistens geschieht es im Urlaub, am Wochenende oder abends, da haben die Leute Zeit. Das Handy klingelt, unbekannte Nummer, ich gehe ran, könnte ja wichtig sein. Das ist es den Anrufenden auch, manche sind freundlich, andere erzürnt, wieder andere legen direkt los mit ihrer Leidensgeschichte. Sie erreichen mich im Supermarkt, am Strand, beim Wandern, bei den Schwiegereltern. Meine Familie weiß sofort Bescheid, wenn ich ins Telefon sage: „Da müssen Sie die 8080 wählen. Genau, statt der letzten vier Ziffern.“ Meine Durchwahl ist nämlich eine alte Nummer des Aboservices, die seit Ende 2006 nicht mehr gilt. Einmal bedankte sich einer für die gute Arbeit der SZ, die meisten höre ich nie wieder. Nur einer rief nach einiger Zeit noch mal an: Ja, er wisse, dass das die falsche Nummer sei, aber hier erreiche er wenigstens jemanden. Veronika Wulf

Mitten in … Texas
Die Tanknadel des Mietwagens nähert sich dem roten Bereich. Aber man befindet sich glücklicherweise in Texas. Nach einer Tankstelle sollte man hier, in der Herzkammer der US-Ölindustrie, nicht lange suchen müssen. Hat Donald Trump nicht ein goldenes Erdöl-Zeitalter versprochen? Tatsächlich taucht bald eine Tankstelle am Straßenrand auf, genauer gesagt: zwei einsame Zapfsäulen, die Tankrüssel mit Plastiktüten umwickelt. Wird schon seine Richtigkeit haben, denkt man sich und versucht, die Tüten erst zu entknoten und dann aufzureißen. Da schlendert ein Mann aus dem Tankhäuschen: „Ma’am, wir haben kein Benzin mehr.“ Aber die nächste Tankstelle sei nicht weit, über die Brücke, dann rechts. Als man dort ein paar Minuten später aufgetankt hat und losfahren will, klopft es an der Scheibe: Es ist der freundliche Mann, der wissen will, ob man erfolgreich war. Ann-Kathrin Nezik

Mitten am ... Flughafen München
Visum und Journalisten-Akkreditierung sind besorgt, bis zum Abflug noch drei Stunden Zeit. Dass ich am Münchner Flughafen zur Spezialkontrolle gebeten werde, ist lästig, wird die Dienstreise nach Israel aber nicht gefährden. Männlich, alleinreisend – klar, dass man so ins Gefährderraster fällt. In einem Nebenraum ist bald der Inhalt meines Handgepäcks ausgebreitet, der Sicherheitsbeamte tippt grimmig auf ein Buch. Die Kollegin von der Literaturredaktion hatte es mir mit der Bitte um Lektüre gegeben, das Cover hatte ich noch gar nicht angeschaut. Na bravo: Autor mit iranisch klingendem Namen, Buchtitel „Märtyrer!“ Was das denn sei? „Ein Roman, kein Handbuch“, antworte ich – hoffend, dass es stimmt. Der Beamte ist zufrieden. Ich nicht: Da ist man einmal im Leben schlagfertig – und dann in einer Vier-Quadratmeter-Kammer, mit nur einem Zuhörer. Moritz Baumstieger
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