Mitten in ... Seongnam
Beim Mittagessen in der koreanischen Gaststätte macht der einheimische Senior am Nachbartisch von Anfang an einen interessierten Eindruck. Er scheint sich nicht nur auf seine eigene Mahlzeit zu konzentrieren, sondern linst immer wieder rüber zu dem stämmigen Gast aus dem Land der Messer-und-Gabel-Kultur. Verstohlen beobachtet er, wie ich mit den asiatischen Esswerkzeugen Kimchi-Stücke vom Beilagenteller klaube. Einen kleinen Klumpen Reis mühsam in ein gewürztes Perilla-Blatt wickle. Und die schlüpfrigen Glasnudeln in der Rindfleischsuppe nach einigen Versuchen endlich doch zu fassen bekomme. Er selbst ist natürlich technisch versierter und beendet sein Essen mit sicheren Griffen. Aber bevor er aufbricht, will er noch etwas loswerden. Er schaut anerkennend herüber und sagt auf Englisch: „Sie können aber gut mit Stäbchen essen.“ Thomas Hahn

Mitten in ... Poing
Dieser Haushalt hat viele Hamster-Dramen erlebt. Toni ertrank im Wassernapf. Nina musste mit Beinbruch eingeschläfert werden. Kiki lag nach sieben Wochen tot im Käfig. Nero wurde plötzlich dünner und dünner. Die Nachricht seines Siechtums erreichte seine kindliche Besitzerin in den Sommerferien, es war ein tränenreicher Abschied aus der Ferne. Letzten September zog Darcy ein, jetzt raffte es auch sie dahin. Nicht schon wieder! Doch die Besitzerin, mittlerweile ein Teenager, reagiert gefasst. Am Abend aber sind Geräusche aus dem Zimmer zu hören. Weint sie? Besser mal nachschauen. Durch die Tür dringen Wortfetzen, ein Freundinnen-Telefonat. „Mein Papa so: Ich muss dir was Trauriges sagen. Ich denk, wer ist gestorben, mein Opa? Dann sagt er: Der Hamster ist tot. Ey, krass unexpected.“ Das ist dann wohl das Ende der Kindheit. Krass unexpected. Nadeschda Scharfenberg

Mitten in Paris
13.30 Uhr, Paris, Metrolinie 4. Der Zug ist voll, gerade schlossen die Türen. Die Metro fährt 30 Meter, dann stoppt sie ruckartig, zur Hälfte steckt sie noch in der Haltestelle Simplon. Linie 4 ist automatisch, fahrerlos. Eine Weile ist es still, bis sich eine Frauenstimme aus einer fernen Zentrale über Lautsprecher meldet. „Jemand hat den Alarmknopf gedrückt“, sagt sie. „14.30 Uhr geht’s weiter.“ 14.30 Uhr?! Dann geht die Lüftung aus, das Licht dimmt auf die Hälfte. Zehn Minuten später, die Stimme hat eine neue Version: „Jemand hat sich beim Einsteigen in der Türe eingeklemmt“, sagt sie. „Machen Sie einfach die Fenster auf für etwas Luft.“ Ärger im Zug: Linie 4 hat keine Fenster, die sich öffnen ließen, weiß jeder. Noch mal eine Ewigkeit, dann geht hinten eine Notfalltüre auf. Alle nehmen den Bus, den 56er, oben, am schönen Licht des Tages. Und mit Fahrer. Oliver Meiler
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