Mitten in ... Guadix
Östlich von Granada führt die Autobahn bis auf 1300 Meter Höhe durch sensationelle Gesteinsformationen. Mittendrin liegt der Ort Guadix. Noch heute wohnen dort Menschen in Höhlenhäusern, die aus dem Gestein geschnitten wurden. Beim Spaziergang dorthin spritzt plötzlich eine stinkende Brühe auf den Rücken des Flaneurs. Das ekelhafte Zeug verklebt die Kleidung und das Haar. „Au weh, die Vögel“, sagt ein Tourist, der eine Kamera umhängen hat und ein paar Taschentücher zum Saubermachen zückt. Doch es nützt nichts, Abbruch, zurück ins Hotel, umziehen. Dort zeigt sich zweierlei: Der Vogeldreck ist nachgemacht und die Brieftasche weg. Der hilfsbereite Tourist war inzwischen im Supermarkt, mit den geklauten Kreditkarten. Und der freundliche Beamte auf der Wache der Guardia Civil gibt zu: „Gefälschte Vogelscheiße? Den Trick kannten wir auch noch nicht.“ Patrick Illinger
Mitten in … Rosenheim
Schlechtwetterprogramm mit dem Kind: Im Spielbereich einer Boulderhalle soll sich die Dreijährige auspowern, während Mutter die angebotenen veganen Snacks verköstigt. So der Plan. Dort angekommen müssen wir jedoch feststellen, dass weniger gespielt als hart trainiert wird. Statt auf einem bunt bemalten Kletterspielplatz wähnen sich die anderen Besucher in einem Ausbildungscamp für künftige Olympioniken und treiben ihre Sprösslinge zu Höchstleistungen an. Ein spielendes Kind – gar eines ohne richtige Kletterschuhe – ist da natürlich im Weg. Als ein Mann meinem Kind das Schwingseil entreißt, um seinem Sohn zu zeigen, „wie das richtig geht“, breche ich den Ausflug vorzeitig ab. Auf der Website der Halle lese ich später, das Kinderland (ab 0 Jahren) sei explizit eine Sportstätte, kein Spielplatz. Mein Fehler also. Marie-Louise Timcke
Mitten in ... Genua
Ein Novembertag in Genua, man war in Mailand bei Nebel in den Zug gestiegen, anderthalb Stunden später reißen die Wolken auf. Milder Wind in den Bäumen, Möwen kreisen. Vor dem Bahnhof Piazza Principe sind zwei Amerikanerinnen mit Hello-Kitty-Rollkoffern in aufgeregter Diskussion mit einer Einheimischen. Die allerschnellste Route bitte zum alten Hafen? Der liegt wenige Straßen entfernt. Ein älterer Mann, Cordhose mit Bundfalte, blau wattierte Jacke, hört sich das eine Weile an. Er lächelt und tritt näher. „Mie’ che luxe“, sagt er im Dialekt mit einer Handbewegung nach oben, die junge Frau übersetzt: Just follow the light! Tatsächlich ist der Himmel Richtung Meer am hellsten und glänzt fast silbern. Navigieren mithilfe von Licht und Sonne: Die Genuesen sind alte Seefahrer und machen das seit Jahrhunderten. Funktioniert manchmal auch an Land. Anne Goebel
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