SZ-Kolumne "Mitten in ...":Geisterfahrer in Uniform

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Der SZ-Autor trifft bei einem Ausflug ins Münchner Umland auf einen Polizisten, der es mit den Verkehrsregeln selber nicht ganz so genau nimmt. Drei Anekdoten aus Deutschland und der Welt.

Mitten in ... Schäftlarn

Illustration: Marc Herold (Foto: N/A)

Zwischen Isarbrücke und Kloster Schäftlarn wird oft wild geparkt. Halb auf der Straße, halb auf der Wiese. Geht gar nicht. Plötzlich schiebt sich ein Polizeiauto an die wild parkenden Wagen heran, seinerseits auf der falschen Straßenseite, sodass der Polizist seine Arbeit tun kann, ohne aussteigen zu müssen. Aus dem Polizeiwagen sich hinauslehnend will der Polizist das Knöllchen unter den Falschparker-Scheibenwischer stecken. Akrobatisch. Was einen Stau, Bremsmanöver, Hupen und Vogelzeigen zur Folge hat. Spinnt der? Andererseits, der Eberhofer aus Niederkaltenkirchen (Kino-Erfolg) und der Hubert mit und ohne Staller (TV-Erfolg): Die hätten das genauso gemacht. Deshalb finden wir die ja so cool. Drücken wir mal ein Auge zu, lassen aber dem hippieesken Eberhofer-Papa das letzte Wort: "Du Brunzkopf, du verblödeter, geht's noch?" Gerhard Matzig

Mitten in ... Jantarny

Illustration: Marc Herold (Foto: N/A)

Der breite Ostseestrand, die milde Maisonne, kein Lüftchen weht über die stille See. Ein neuer Holzsteg führt an Kaffeeständen vorbei, die ersten Sonnenschirme stecken im Sand. Alles könnte so friedlich sein. Wäre da nicht die Polizeistaffel, die an der Wasserkante wartet. Worauf eigentlich? Auf die Taucher, die vor der Küste illegal nach Bernstein graben? Oder assistiert sie der Marine, die weiter draußen für den Ernstfall übt? Zwei Kriegsschiffe kreuzen vor dem Horizont. Ihre Kanonensalven dröhnen bis zu den Kaffeebuden. "Ist das die Nato?", fragt eine russische Besucherin besorgt, westlicher kommt man innerhalb des Landes schließlich nicht. Die Kellnerin grinst, "das sind unsere, keine Sorge". In der Exklave Kaliningrad gehört das Militär schon viel länger zum Alltag als die Touristen. Der schöne Ostseestrand war vor zehn Jahren noch Sperrgebiet. Silke Bigalke

Mitten in ... Karlsruhe

Illustration: Marc Herold (Foto: Marc Herold)

Ich hatte mich mit G. zum Musizieren getroffen, das einzige kalkulierte Risiko, das wir uns im Lockdown gönnten. Natürlich streng nach den Regeln, zwei Personen, zwei Haushalte, Abstand, Lüften. G.s Frau traf sich derweil mit M. zum Spazierengehen, streng nach den Regeln, zwei Personen, zwei Haushalte, Abstand. Der Nachmittag verging, die Musiker kamen zum Ende, die Spaziergängerinnen waren zurück, dann klingelte meine Frau an der Tür, und mit einem Mal saßen fünf Personen im Garten zusammen. Der innere Corona-Polizist rechnete verbissen in irgendeiner Hirnregion die Regeln durch: Drei Haushalte - einer zu viel? War die Zweitimpfung von G. und M. wirklich schon lange genug her? Aber die Sonne schien, wir redeten und lachten, der innere Polizist wurde immer leiser. Dann sagte M.: Dort, hinter der Hecke, ist das Meer. Wolfgang Janisch

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