Mitten in ... Porto
Die „Livraria Lello“ in Porto gilt nicht nur als schönste Buchhandlung der Welt, sie hat vermutlich auch die am besten organisierte Warteschlange des Universums: Am langen Absperrband markieren kleine Schilder abschnittsweise die vorausberechnete Einlasszeit. Es ist 9.30 Uhr, wir stehen in Abschnitt 14 Uhr. Lohnt sich das lange Warten? Wie groß ist die Chance, hier ähnlich erleuchtet zu werden wie J. K. Rowling? Die soll von der prachtvoll verschnörkelten Inneneinrichtung schließlich ganz maßgeblich zu ihren Harry-Potter-Romanen inspiriert worden sein. Aber viereinhalb Stunden für die minimale Chance auf ein ähnliches Erweckungserlebnis? Ziehen wir für ein paar Pastéis de Nata lieber ein Stück weiter in die portugiesische Bäckerei „Manteigaria“. Hier ist die Schlange auch viel kürzer. Vorausberechnete Pappsatt-Zeit: 11.30 Uhr. Florian Zick

Mitten in ... Budapest
Die Gästewohnung von Freunden auf dem Rosenhügel könnte nicht schöner sein, sie ist ruhig, zentral gelegen, frisch renoviert und mit allem Komfort eingerichtet. Nur der Staubsaugerroboter fehlt, entschuldigt sich der Gastgeber: Sein Sohn habe das Gerät versehentlich auf 23 statt auf elf Uhr programmiert, und jetzt sei der Wurm drin, man kriege die falsche Zeit einfach nicht weg. Da man auch sonst gut ohne Roboter auskommt, verschmerzt man das Fehlen leicht. Erst später kommt man darauf, dass wohl kein 16-Jähriger der Welt diesen Anfängerfehler machen würde. Wahrscheinlich war es ein kleiner Gefallen für die Urlauber, deren Lebenswandel dem der Teenager ähnelt: Kein Mensch würde sich von einem putzwütigen Roboter in aller Herrgottsfrühe um elf wecken lassen. Abends wiederum hätte das Gerät sturmfreie Bude, weil die Touristen beim Feiern sind. Katalin Molnár

Mitten in ... Wilsum
Familienfeier in Wilsum, einer kleinen Gemeinde in Niedersachsen an der niederländischen Grenze. Nach einem deftigen Mittagessen in der Landgaststätte gibt es zu Hause auf dem Hof noch Kaffee und Kuchen. Alle sind pappsatt und am Nachmittag schlagartig hundemüde. Zum Glück verabschiedet sich langsam die dröge Verwandtschaft und macht Platz für die Freunde meines 18-jährigen Neffen. Die Jungs necken sich, ein Spruch jagt den nächsten. Beispiel: „Ich glaube, deine Mutter hat dich bestimmt nicht gewollt.“ Trockener Konter: „So, wie die mich behandelt, glaube ich das auch.“ Themenwechsel: Kostümwahl beim Kölner Karneval. Die Gruppe ging als Kräcker. Sagt meine Tochter: „Ich war Che Guevara.“ Ratlose Blicke. Fasst sich einer ein Herz und sagt: „Aus ‚Star Wars‘!“ Rätsel gelöst. Zufriedenes Nicken. Nur die Tochter guckt verzweifelt. Lars Langenau
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