Süddeutsche Zeitung

SZ-Kolumne "Mitten in ...":Einmal Bibimbap, bitte!

Der SZ-Korrespondent für Japan und Südkorea verfügt über lebensrettende Fähigkeiten: Er spricht Kulinarisch. Drei Anekdoten aus Deutschland und der Welt.

Mitten in ... Paju

Im nordkoreanischen Grenzgebiet soll es vor der Pandemie richtig voll gewesen sein. Vorbei. Ausländische Gäste sind erst recht nicht da. Und deshalb gibt es wohl auch wenige Gastgeber, die auf ausländische Gäste eingestellt sind. In einer koreanischen Gaststätte zeigt die Kellnerin jedenfalls schweigend auf die Karte an der Wand. Zahlen und koreanische Schriftzeichen. Keine Chance für Hangul-Analphabeten. Die Kellnerin ruft in den spärlich besetzten Gastraum einen Satz hinein, der in etwa lauten dürfte: "Spricht hier jemand Europäisch?" Die Leute zücken Handys und Sprachcomputer. Aber der Gast hat Hunger und eine Idee. "Haben Sie Bibimbap?" Das koreanische Nationalgericht mit Reis, Gemüse, Fleisch und Ei? Das Gesicht der Kellnerin klart auf. Sie nickt erfreut. Auf Reisen sollte man für den Notfall einfach immer ein Nationalgericht wissen. Thomas Hahn

Mitten in ... Bad Krozingen

Der vermeintliche Ernst des Lebens beginnt mit einem großen Spaß: Schulranzenkauf im Click&Meet-Verfahren mit zwei aufgeregten Patenkindern in Bad Krozingen, das nicht nur über einen Kurpark und eine Herzklinik, sondern auch über ein Schulranzenfachgeschäft von regionalem Weltruhm verfügt. Auf die Erstklässlerinnen in spe wartet im leeren Laden ein voller Tisch mit Taschen in Lilaglitzerpink mit ein bisschen Alibi-Türkis, nach kurzem Probelaufen fällt die Wahl auf die Varianten Schmetterling und Muschel. Zu Hause inspizieren sie als Erstes die Federmäppchen: Stifte ordnungsgemäß in Regenbogenreihenfolge, passt! Danach wird eine Runde durchs Wohnzimmer stolziert und Bilanz gezogen. "Nur eines verstehe ich nicht", sagt die Schmetterlingsnichte: "Warum braucht man für ein einziges Federmäppchen überhaupt einen Schulranzen?" Nadeschda Scharfenberg

Mitten in ... München

Das Schlechte an gutem Essen ist ja, dass es sich rumspricht. Und so stehen in dieser Schlange in Schwabing so viele Menschen vor dem Falafel-Stand, dass die Mittagspause nach langem Anstehen und schnellem Schlingen allzu bald wieder vorbei sein wird. Zeit für einen wunderbar menschlichen Moment aber bleibt. Vor uns wartet eine coole Mutter, bunte Turnschuhe, große Designer-Handtasche, dicke Sonnenbrille. Alle in der Schlange quatschen, lachen, freuen sich über die Sonne. Bloß die Mutter steht stoisch stumm, sogar dann noch, als quer über den Platz ein Junge auf sie zu rennt und so laut und fröhlich "Maaaamaaaa" ruft, wie das nur ein kleines Kind kann. Alle Augen auf ihm, die Warteschlangen-Bühne ist seine - und den Moment kostet er aus. Mit erhobenen Armen rennt er auf die noch immer stoische Mutter zu und ruft: "Ich muss ganz, ganz doll Kacka!" Max Sprick

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