SZ-Kolumne „Mitten in …“ :Auf die Nuss

Lesezeit: 2 Min.

(Foto: Marc Herold)

Ein SZ-Autor verirrt sich in der Maxvorstadt in einen Hinterhof. Wer hätte gedacht, dass man dort den Heiligen Gral finden kann? Drei Anekdoten aus aller Welt.

Mitten in … München

Ein Hinterhof in der Maxvorstadt: Leergefegt, nur eine alte Frau sitzt auf einem Mäuerchen, in jeder Hand einen Gehstock, und spricht den Verirrten an: „Finden Sie’s hier schön?“ Verwunderung. Meint sie den Hof, München, Bayern? Ihr gehöre das hier, klärt sie auf. Also jedenfalls eine Etage im angrenzenden Mietshaus. Ach? Ja, ja. Sie fährt mit der Zunge über die Lippen, es ist wie das Ölen einer startenden Maschine: Sie komme aus früheren deutschen Ostgebieten, erzählt sie ungebremst, habe einen 30 Jahre jüngeren Freund (fest) und noch nie „ins Internet“ geschaut. In ihrem schnarrenden Dialekt geht Wesentliches verloren. Das Zuhören wird dennoch entlohnt, fürstlich gar, denn sie kenne das Geheimnis eines langen, gesunden Lebens. Sind es junge Liebhaber? Entnetzung? Münchner Immobilienbesitz? Nein: Walnüsse. So sechs bis sieben jeden Tag. Joshua Beer

(Foto: Marc Herold)

Mitten in … New York

Draußen zieht der Central Park vorbei, drinnen im Bus setzt sich neben den Sohn eine dieser gestählten, lufthansablonden Upper-East-Side-Mittvierzigerinnen. Augenblicklich zückt sie ihr Handy, öffnet die Notizapp, spricht hinein: „Divorce Notes“ – „Anmerkungen zur Scheidung“. Verächtlich ist von einem „Brian“ die Rede, der mit einer „Lilly“ einmal das ganze Weihnachtsfest lang nicht gesprochen habe und überhaupt offenbar fremdgehe. Wortfetzen von „20 000 Dollar“ und einem mysteriösen „Unterkonto“ wabern hinüber. Beim nächsten Halt steigt eine ältere Frau ein. Der Sohn bietet an, für sie aufzustehen, sie aber sagt recht bestimmt: „Da hinten ist ein Platz frei, den nehme ich.“ Da blickt die Noch-Ehefrau kurz von ihrem Handy auf und schaut die Dame begeistert an: „Das gefällt mir, dass Sie wissen, was Sie wollen! Das ist so wichtig für uns Frauen!“ Mareen Linnartz

(Foto: Marc Herold)

Mitten in … Limone sul Garda

Wir lieben unser Auto. Aber liebt es uns zurück? Unser weißer VW-Bus, 14 Jahre und gut 200 000 Kilometer alt, macht uns viel Ärger. Voriges Jahr im Sommer: Aufbruch in die Toskana, Erwachsene und Kinder in bester Stimmung, aber noch in München platzt ein Reifen. Vorigen Herbst: 100 Meter vor der Hütte in Österreich bewegt sich der Wagen keinen Zentimeter mehr, Abschleppdienst. Dieses Frühjahr: Am Tag vor der Abreise in die Toskana glüht ein Rad, Bremssattel hinüber, Bremsscheibe auch. Diesen Sommer: Vor der Fahrt zum Gardasee extra zum Check in die Werkstatt, alles okay, alles bestens beim Fahren – und auf dem Campingplatz, ein paar Meter vor der Unterkunft, geht plötzlich nichts mehr. Anlasser kaputt, Abschleppdienst. Dass dieses alte Auto ständig den Geist aufgibt, aber ziemlich oft an günstigen Orten – ist das vielleicht Liebe? Marc Schürmann

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