SZ-Kolumne „Mitten in …“:Ein klarer Fall von Sitzfleisch

Lesezeit: 2 Min.

(Foto: Marc Herold)

Ein SZ-Redakteur hat beim Ochsenrennen von Münsing eindeutig auf das falsche Rindvieh gesetzt. Drei Anekdoten aus aller Welt.

Mitten in ... Münsing

Bei der Ochsenschau in Münsing lerne ich Bodo kennen, eine etliche Hundert Kilo schwere „Fleckvieh-Kreuzung“. Alle vier Jahre steigt in dem hübschen Dorf bei Starnberg das Ochsenrennen, Bodo hat Startnummer 5 und einen sympathischen Jockey namens Leonhard. Als ich törichterweise Bodos massiven Schädel streichele, leckt mir das Tier kräftig über das Hemd, alles klitschnass. Wenn das nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft ist. Also voller Einsatz auf Bodo. Doch was ist das? In der Startbox aus Stroh legt sich Bodo gemütlich hin, während die anderen losrennen, wenn auch kreuz und quer; einer bleibt stehen, ein anderer wirft seinen Reiter ab. Bodo sieht ihnen gelassen nach. Fünf starke Männer ziehen an ihm, locken mit Futter, schicken Beschwörungen in den Himmel. Keinerlei Wirkung. Er ist ein Ochs mit Charakter. Wir mögen ihn sehr. Joachim Käppner

(Foto: Marc Herold)

Mitten in … Egg

Alarm im Bregenzerwald. Ein Lämpchen im Auto meldet Reifendruckverlust. Tatsächlich, im linken Hinterrad steckt eine riesige Schraube, die Luft entweicht zischend. Es ist Freitag kurz vor Feierabend, die nächstgelegene Werkstatt hat schon zu. Eine andere Werkstatt könne Autos lackieren, aber keine Reifen abdichten, erklärt der Inhaber am Telefon. Er empfiehlt einen Laden namens „Reifen & Weine“ in Egg. Reifen und Weine? Auf dem letzten Loch pfeifend kurven wir kurz vor Betriebsschluss auf den Hof der Firma Sinz, die Reifen, Schmierstoffe und Weine verkauft. Meister Sinz meint nüchtern: „Kein Problem“, bockt den Wagen auf und repariert innerhalb von 15 Minuten das undichte Rad. Währenddessen verkosten wir gut gereiften Rotwein aus dem Burgenland. Das Auto ist entplattet, ich bin platt: Reifen und Weine, ein geniales Konzept! Titus Arnu

(Foto: Marc Herold)

Mitten in … Charité-sur-Loire

Wer einmal an der Loire einen Nachmittag mit Weintrauben und Käse verbracht hat, weiß: Sie gehört zu den schönsten Flüssen Frankreichs. Nur ist man dort selten allein. An einem dicht bewachsenen Uferabschnitt kam eine Mädchengruppe vorbei und wollte sich umziehen. Ich sprang auf, um unsere Anwesenheit zu signalisieren, und die Gruppe huschte davon. Wenig später kehrte sie zurück, verstärkt durch eine Truppe alkoholisierter Jungs. „Sie haben meine Freundin Pute genannt“, schimpfte einer mit einer Flasche Multivitaminschorle in der Faust. Die meisten waren recht muskulös, ich bemühte mich daher um Diplomatie. Die Gruppe verschwand, und alle waren glücklich: Die Mädels hatten eine tolle Geschichte, die Jungs ihre Ehre verteidigt. Und ich konnte meiner Partnerin mein Französisch präsentieren, das mich selbst in Notlagen nicht verlässt. Léonardo Kahn

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