Mitten in ... München
Ein Freund aus Griechenland war seit Monaten nicht mehr in München. Corona verhindert das Reisen. Also versorgt man seine Wohnung, leert den Briefkasten, dreht Wasserhähne auf, liest Botschaften der Hausverwaltung. Die bittet um Kontakt zu einer Firma, es geht um einen Rauchmelderaustausch. Also Mail an die Firma. Die Rückantwort folgt rasch und wirft ein unerwartetes Problem auf: "Darf ich fragen, welche Funktion Sie haben??" Exakt zwei Fragezeichen. Ja, Himmel, welche "Funktion"? Wasserhahnaufdreherin? Frischluftkontrolleurin? Rückfrage: Warum ist das wichtig? Antwort: Das sei "zu hinterlegen". Das reizt nun doch zur romantischen Überhöhung. "Ich habe einen Schlüssel zur Wohnung des Herrn X.", tippt man, "aber nicht zu seinem Herzen." Letzteres dann doch weggelassen. Es kommt keine Antwort mehr. Christiane Schlötzer
Mitten in ... Schäftlarn
Bei uns im Ort hat ein Fischgeschäft aufgemacht. "Na und?", würde man in normalen Zeiten achselzuckend fragen, aber wir haben keine normalen Zeiten, deshalb ist der kleine Laden ein Riesenthema. Seit der Eröffnung stehen die Leute dort Schlange, bestaunen Thunfisch, Tigergarnelen und Miesmuscheln und studieren das Imbissangebot auf der Schiefertafel: Matjeshering, Fischsuppe, gebratener Rotbarsch. Eine Dame schnuppert neugierig in den Laden hinein. Als sie an der Reihe ist, unterzieht sie den Fischfachverkäufer einer Fischfachfragestunde: "Haben Sie auch Lachs aus Wildfang, oder ist das Zuchtlachs?" "Das ist Wildlachs." "Wo holen Sie Ihren Fisch?" "Täglich ganz früh im Großmarkt." "Die Mittagsgerichte machen Sie selbst?" "Ja ... ähm, was darf ich Ihnen denn Schönes anbieten?" "Danke, gar nichts. Ich wollte nur schauen. Bin Vegetarierin!" Titus Arnu
Mitten in ... Düsseldorf
In Pandemie-Zeiten suchen sich viele ein neues Hobby: Bananenbrot backen, spazieren gehen, puzzeln - ausmisten. Nach drei Umzügen in sechs Jahren hat sich bei mir einiges angesammelt. Dinge, die immer wieder von Keller in Keller gestellt wurden. Dinge, die seit Jahren nicht mehr passen oder gefallen und die ich deswegen aussortiert hatte: Klamotten, Accessoires, Deko ... Es sind neun prall gefüllte Plastikboxen. Bisher hatte ich weder Zeit noch Lust, mich darum zu kümmern, doch seit einigen Monaten sieht das anders aus. Ein ganzes Wochenende habe ich damit verbracht, alles zu fotografieren und auf Online-Verkaufsplattformen hochzuladen. Eine nette Frau schreibt mich wegen einer Daunenweste an. Ich nenne ihr meine Adresse, es stellt sich heraus: Sie wohnt im Haus gegenüber. Auch so lernt man seine Nachbarn kennen. Jana Stegemann