Kolumne „Mitten in …“:Radio gaga

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(Foto: Marc Herold)

An einem überfüllten Strand auf Mallorca wird ein SZ-Redakteur Zeuge einer besonders perfiden Art, sich Platz zu verschaffen. Drei Anekdoten aus aller Welt.

Mitten in … Portals Vells

„Overtourism“, das ist ja eines der Schlagwörter der Stunde, und das Epizentrum des reiselustigen Bebens ist, natürlich, Mallorca. Auch Mitte Oktober liegt man hier noch Handtuch an Handtuch in den Buchten, Nordrhein-Westfalen hat schließlich gerade Herbstferien. „Nä, is’ dat schön!“ Doch der Mensch ist erfinderisch, und das gilt in besonderem Maße für den Herrn mit dem kahl geschorenen Kopf, der an diesem Vormittag am wirklich traumhaften Strand von Portals Vells sitzt. Als die Handtuchdichte bedenkliche Ausmaße annimmt, dreht er einfach sein Radio auf; es folgen, ohrenbetäubend laut, die neuesten Nachrichten aus Madrid, dann singt Freddie Mercury: „Mamaaaa – uhuhuuuuu.“ So haben sich das die übrigen Badegäste nicht vorgestellt, sie rücken immer weiter weg – und der Mann hat bald den halben Strand für sich. Benedikt Peters

(Foto: Marc Herold)

Mitten in … Gunzenhausen

Ein verlängertes Rennrad-Wochenende am Altmühlsee: drei Männer, drei Maschinen. Untergebracht in der Jugendherberge in Gunzenhausen, in einem Zwölf-Quadratmeter-Zimmer. Vier Stockbetten, Etagendusche, Gemeinschaftsklo. Mit in der Jugendherberge untergebracht: die Klassenstufe 6 des Gymnasiums Langen, Südhessen. Schlaf fällt aus in dieser Nacht – irgendjemand rennt immer durchs Haus, schreit rum, klopft an Türen. Irgendwann ist Ruhe, endlich. Bis um Punkt sieben Uhr. Dann schallt Nana Mouskouri durchs Haus: „Guten Morgen, guten Morgen, guten Morgen, Sonnenschein!“ Volle Lautstärke, erst aus dem dritten Stock, weit entfernt, dann auch im ersten. Welcher Sechstklässler nervt jetzt schon wieder? Ein Blick aus der Tür auf den Flur: Zwei Lehrerinnen kommen den Gang entlang. Unter dem Arm: einen Ghettoblaster. Marco Völklein

(Foto: Marc Herold)

Mitten in … München

Auf zur Buchmesse. Leider klemmt der Koffergriff. Egal, schnell zum Zug, so weit lässt er sich gerade noch tragen. Und es gibt ja Taschenmesser. Im ICE biegt man mit der kleinen Zange den Griff, hämmert auf das Plastik, ruckelt hier und da, was im ganzen Abteil zu hören ist. Der Griff, nun verkratzt, rührt sich nicht, wohl aber blicken Mitreisende kurz auf. Es muss aussehen, als wäre ein Kofferknackerlehrling am Werk, dessen Meister sich den Spaß gemacht hat, keine Anweisungen zu geben. Aber eine Einheimische im besten Alter, im schicken schwarzen Buchmessen-Outfit? Die kann auch im voll besetzten Wagen Gepäckstücke mit dem Messerchen traktieren, ohne dass jemand kriminelle Machenschaften vermutet. Resigniert ziehe ich mich auf meinen Platz zurück und lese nach, welche Koffer der Tester im SZ-Gesellschaftsressort empfiehlt. Kia Vahland

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