Süddeutsche Zeitung

SZ-Kolumne "Mitten in ...":Kleines Kind, großer Grusel

In einem Freizeitpark am Gardasee ist das Personal beim Einlass in ein Baby-Bananenboot zwar sehr streng - aber dafür umso lockerer beim 4-D-Actionkino. Drei Anekdoten aus Deutschland und Europa.

Mitten in ... Castelnuovo del Garda

Gut, selbst schuld, wenn man ins Gardaland geht, diese Touristenfalle aus Fahrgeschäften. Immerhin: Bei der Größenbegrenzung nimmt das Personal seinen Job brutal ernst. So darf die Vierjährige nicht alleine in einem harmlosen Baby-Bananenboot mitschaukeln, weil sie statt der erforderlichen 105 Zentimeter nur 104,7 misst. In Sachen Altersbeschränkung ist man wiederum südländisch großzügig. An der 4-D-Experience winkt der Angestellte am Eingang jedenfalls Groß und Klein und Mini bereitwillig ins Kino, "dauert nur acht Minuten", sagt er. Drinnen wird ein donnerndes Best of Aquaman gezeigt, auf Italienisch, mit Meereskillerungeheuern, die während eines geradezu surrealen Erlebnisses - Kämpf! Fress! Hau! Würg! - aus den tiefsten Tiefen eines Albtraums und aus der Leinwand springen. Und, wie war's, Kinder? "Voll krass!" Dominik Prantl

Mitten in... Wien

Das Café Central ist wahrscheinlich nicht der beste Ort, um das ursprüngliche Wien zu erleben. So wie das Münchner Hofbräuhaus eher ein Ort ist, an dem Touristen das Klischee der bierselig auf Tischen tanzenden Bayern erfüllt sehen. Wie schön also, dass man sich bei diesem Städtetrip nicht an die Touristen-Hotspots begeben muss, sondern den Abend auf der Hochzeit eines echten Wiener Paares verbringt. Die Beletage des Restaurants im ersten Bezirk erinnert an den Pomp, mit dem einst Verona Pooth ihre Hochzeit in Österreichs Hauptstadt gefeiert hat. Das Brautpaar fährt zwar nicht mit einem Fiaker vor, doch Kristallgirlanden schmücken die Fenster, der Rosé-Champagner fließt in Strömen. Die Gäste begrüßen sich mit Wangenküssen, ein älterer Herr will einem die Hand schütteln - und zieht diese dann jäh in Richtung seiner Lippen. Ach Wien, du kannst so urig sein. Kerstin Lottritz

Mitten in ... München

Zwei Hobbygärtner lockern an einem kühlen Maitag ihre 30 Quadratmeter Ackerland in einem Münchner Krautgarten auf. Währenddessen klären benachbarte Selbstversorger sie über Stolpersteine auf, die das Feld bereithält. Da wären zunächst einmal die tatsächlichen Steine, die ständig nachzuwachsen scheinen, außerdem die Ackerdistel, Nacktschnecken und - o Graus! - die Braunfäule. Das Einzige, was hier wirklich gedeihe, seien Zucchini, und zwar so gut, dass man sie sämtlichen Bekannten aufdrängen müsse. Mitten in die Plauderei hinein erscheint ein strohbehüteter Mann und ruft: "Do legst di nieda!" Wenn zwei Krautgärtner aus Versehen das falsche Beet umgraben - dann freut sich der dritte. Niemand hatte sie vor den unklaren Parzellenmarkierungen gewarnt. Als kleine Aufwandsentschädigung bekommen sie wohl: Zucchini. Cosima Kopfinger

Weitere Folgen der Kolumne "Mitten in ..." finden Sie hier.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5587188
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/nas
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.