SZ-Kolumne "Mitten in ...":Unfreiwilliger Lauschangriff

Lesezeit: 2 Min.

Zwei Betriebsräte fahren mit dem ICE und plaudern Firmeninterna aus - nicht ahnend, dass das alles sofort in der Zeitung landen könnte. Drei Anekdoten aus aller Welt.

Mitten in ... Bremen

Illustration: Marc Herold (Foto: N/A)

Zustieg am Hauptbahnhof in Bremen in den ICE nach Hannover. Zwei Männer, es handelt sich zweifelsfrei um Kollegen, unterhalten sich in breitem Schwäbisch über ihre Arbeit, genauer: über den Betriebsrat ihres Unternehmens, in dem sie sich engagieren. Sie regen sich furchtbar darüber auf, dass eine einschlägige Gewerkschaft das Gremium offenbar dazu aufgefordert hat, im Betrieb weitere Mitglieder anzuwerben. Weil die beiden Arbeitnehmervertreter das aber auf keinen Fall im Kollegenkreis herumerzählen sollen, verlangt die Gewerkschaft von ihnen, eine Verschwiegenheitserklärung zu unterschreiben. "Ei, des brauchsch doch nur, wenn du vorhäsch, damit zur Süddeutschen zu gehen", empört sich der eine lautstark. Schade eigentlich, dass weitere Interna im Schnurren des anfahrenden Zuges untergehen. Karin Kampwerth

Mitten in ... Paris

Illustration: Marc Herold (Foto: N/A)

Un petit peu und a little bit sind offensichtlich zwei unterschiedliche Mengenangaben. Ob er Pfeffer auf seinen Käse-Crêpe haben wolle, fragt das Faktotum im winzigen Ein-Mann-Kiosk im Jardin du Luxembourg den Touristen aus den USA. Ja, ein bisschen, sagt der Amerikaner, und der Franzose würzt behutsam los, die Drehzahl der Pfeffermühle weit entfernt von Porsche-911-Niveau. Der Amerikaner schaut kariert, sagt aber nichts, nicht Stopp, nicht Hilfe, nicht Oh my god und schon gar nicht Mon dieu. Erst als sich der Franzose anschickt, den Pfannkuchen einzuwickeln, schreitet er ein: Er möge doch den Pfeffer wieder runterkratzen, zumindest a little bit. Der Franzose kratzt, der Amerikaner schweigt. Als der Crêpe entschärft und bezahlt ist, beißt er dreimal ab, dann schmeißt er ihn in den Müll. Der Franzose? Lächelt trotzdem, extra mild. Nadeschda Scharfenberg

Mitten in ... Los Angeles

Illustration: Marc Herold (Foto: N/A)

Es gibt folgende Regel in Los Angeles: Wenn du Brad Pitt im Supermarkt triffst, braucht er wohl auch ein paar Eier. Bedeutet also: Ja, hier leben Promis; lass sie mal leben. Eines Samstags geht man zu Costco, einem Lebensmittel-Großhandel, von dem bekannt ist, dass man eigentlich wegen Steaks hinfährt und dann mit Nahrung für die nächsten vier Jahre zurückkehrt, und da sind sie: Bryan Cranston und Aaron Paul alias Walter White und Jesse Pinkman aus "Breaking Bad", die nun Costco-Mitarbeiter sind und ihren Mezcal Dos Hombres bewerben. Was sagt man denn jetzt zu denen? "Er redet nicht viel", sagt Cranston aka White. Er sieht zu Pinkmann aka Paul, der nickt und sagt: "Er braucht einen Mezcal." Schon hat man eine Flasche in der Hand und bezahlt dafür fast so viel wie für den ganzen Rest der Einkäufe, mit denen man die nächste Pandemie locker überstehen wird. Jürgen Schmieder

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