Bus fahren in … München
„Wenn ich jemanden umbringen will, nehm ich den aus Metall!“ Der Bus ist voll besetzt und der Geräuschpegel entsprechend, aber das Gebrüll der beiden Halbstarken, die sich in der letzten Reihe niedergelassen haben, ist trotzdem überall zu hören. Der eine, groß, breit, nicht älter als 16, prahlt mit seinem Waffenarsenal. Er habe zwei Baseballschläger, erzählt er: einen aus Holz, „den nehm ich, wenn ich jemanden nur verletzen will“. Für schwierigere Fälle sei das Exemplar aus Metall notwendig. Und, ach ja, am Freitag stehe übrigens das Highlight der Woche bevor: eine Massenschlägerei im Westpark. „Kommst du auch?“, fragt der Schläger seinen Kumpel. Der, nicht weniger groß und breit, aber wohl ein bisschen jünger, senkt unsicher den Blick. „Weiß nicht“, murmelt er in die Kapuze seines Sweatshirts. „Muss erst fragen.“ Linus Freymark

Bus fahren in … Kirjat Tiw’on
Einladung zum Abendessen im nordisraelischen Hinterland. Die Anreise ist lang und mangels Autos mit dem Bus zurückzulegen, aber kein Problem: Davon hat Israel viele. Nahezu euphorisch werden sie von ihren Fahrern so geschickt gelenkt, dass man als Passagier nebenbei viel in praktischer Physik (Zentrifugalkräfte) und praktischer Medizin (Schleudertraumata) lernt. Dann der Umstieg am dämmernden Abend – nur: Wo sind all die Anschlussbusse hin? Kurze Rücksprache mit Kundigen: Es naht ein jüdischer Feiertag, Schawuot, beginnend mit Sonnenuntergang, da fährt kein Bus mehr, und die Taxis werden teurer. Ein Glück, sagt ein ebenfalls Wartender an der Haltestelle, und deutet auf den einfahrenden Bus mit der Endhaltestelle Nazareth. Weil dort viele Christen leben, denen Schawuot egal ist, bringt er Andersgläubige und Vergessliche noch ans Ziel. Marcel Laskus
Bus fahren in … Puchheim

Der Linienbus fährt ausnahmsweise mal pünktlich, gerade auf dem Heimweg ist das sehr erfreulich. Eine Frau blickt auf die Uhr, nickt dankbar. Doch nach 250 Metern endet die Fahrt, einfach so, mitten auf der Straße. Der Busfahrer öffnet die Türen, steigt aus, lässt den Motor laufen und die Passagiere verdutzt zurück. Er verschwindet in der Sparkasse. Erst nach Minuten kommt er wieder heraus, breit grinsend, mit einem auffallend dicken Bündel Geldscheine in der Hand. Für einen Banküberfall ist es eindeutig zu spät, und ein Linienbus als Fluchtfahrzeug … nein. Vielleicht ein Lottogewinn? Wird der Mann als Nächstes kündigen und alle sitzen lassen? Kurz winkt er den Fahrgästen noch mit den vielen Scheinen zu, aber dann steigt er ein und fährt weiter. Nachzufragen traut sich niemand, sicherheitshalber gibt es Applaus. Stefan Simon
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