SZ-Kolumne „Mitten in …“:Unfreiwillige Pyjamaparty

Lesezeit: 2 Min.

(Foto: Marc Herold/ )

Als in aller Herrgottsfrühe ein Rauchmelder piept, gewinnt eine Berliner SZ-Redakteurin interessante Einblicke in die Schlafanzug-Mode ihrer Nachbarschaft. Drei Anekdoten aus aller Welt.

Mitten in … Berlin

Samstag, sechs Uhr früh, ganz Berlin ist im Tiefschlaf. Plötzlich beginnt es zu piepen. Laut. Lange. Durchdringend. Man springt aus dem Bett, geht dem Piepen nach und stellt fest: Der Rauchmelder im Hausflur ist angegangen. Es gibt zwar keinen Rauch, aber es piept und piept. Türen öffnen sich, schlaftrunkene Nachbarn taumeln aus ihren Wohnungen. Die Frau aus dem dritten Stock im rosa Morgenmantel schlägt vor, den Rauchmelder abzuschrauben, die Frau aus dem Erdgeschoss im weißen Nachthemd holt eine Leiter. Die hält ihr Mann in Boxershorts fest, während ein Nachbar, der einen Dynamo-Dresden-Pyjama trägt, hochklettert und den Rauchmelder abnimmt. Das Piepen hört auf. Menschen in Nachthemden und Schlafanzügen klatschen, und man stellt fest, dass man seine Nachbarn wieder mal ganz neu kennengelernt hat. Verena Mayer

(Foto: Marc Herold/ )

Mitten in … Palermo

Ein Festival am Strand von Palermo, Party vom Nachmittag bis zwei Uhr nachts, das klingt überragend! Die Tickets sind also schnell gekauft, die Vorfreude ist groß. Eine Stunde nach offiziellem Beginn der Sause stehen deshalb zwei deutsche Feierbiester am Eingang – und ernten ein fassungsloses Kopfschütteln der sizilianischen Türsteher. „Was wollt ihr denn schon hier?“, fragt einer. Man sei doch noch mitten im Aufbau. Na gut, die Sizilianer und die Zeit, man kennt das ja. Zwei Stunden später der nächste Versuch. Und tatsächlich: Wir dürfen rein. Tanzen, trinken, feiern, und das alles mit einem extra aus Ibiza angereisten DJ. Der allerdings wird um kurz nach Mitternacht unsanft von der Bühne gezerrt. Die Polizei ist da und die Party zu Ende. Wegen Ruhestörung. Jetzt sind alle fassungslos: der Star-DJ, die deutschen Gäste – und die sizilianischen Türsteher. Linus Freymark

(Foto: Marc Herold)

Mitten in … Neudauberg

Uroma hat jetzt auch ein Smartphone. Damit die 92-Jährige aus der südostösterreichischen Provinz mit den Urenkeln im 500 Kilometer entfernten München videotelefonieren kann. Warum erst jetzt? Nun ja, weil die Familie der Meinung war, sie wäre vielleicht zu alt dafür. Aber Uroma belehrt am ersten Nachmittag mit iPhone alle eines Besseren. Erster Versuch mit den beiden Urenkeln, zwei und vier Jahre alt. Alle versammeln sich vor dem kleinen Bildschirm. Schade, Uroma hebt nicht ab. Versuch gescheitert? Nein, schon zehn Minuten später kommt der Rückruf, sogar das Video hat sie eingeschaltet. Auf der einen Seite sind die Kita-Ferien gerade schöner geworden, auf der anderen Seite der Lebensabend. Das Fazit am Ende des Gesprächs: „Das können wir jetzt öfter machen“, sagt die 92-Jährige. Und die Zweijährige quietscht: „Mehr Urli gucken!“ Valentina Reese

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