Süddeutsche Zeitung

SZ-Kolumne "Mitten in ...":Kaiserlich-königlicher Nasebohrer

Die SZ-Autorin muss in der alten Habsburger Sommerresidenz Bad Ischl zum Corona-Test und trifft auf eine Art Hofnarr im weißen Kittel. Drei Anekdoten aus Österreich, Frankreich und Deutschland.

Mitten in ... Bad Ischl

Der Ruf als Sommerresidenz der Habsburger verpflichtet, auch gut 100 Jahre nach dem Ende der k. u. k. Monarchie. Und so hat Bad Ischl das Corona-Testzentrum nicht in einem Plastiktunnel am Rande eines Gewerbegebiets eingerichtet, sondern im Kur- und Kongresshaus inmitten eines gepflegten Parks. Bitte rechts die ausladende Treppe rauf, registrieren, setzen. Der Arzt schiebt freudestrahlend das Wattestäbchen in die Nase und sagt: "Ich will nur das Beste von Ihnen." Kriegt er. 48 Stunden später das gleiche Spiel. Wieder derselbe Arzt, wieder ist er bester Stimmung. Vor mir ist ein Paar an der Reihe. Der Arzt ruft durch die Halle: "Jetzt schauen wir mal, wer das besser aushält!" Mit Schwung schiebt er das Stäbchen in die Nase der Frau. Au, schreit sie, und der Arzt ist begeistert: "Endlich mal was anderes, normal halten das die Frauen besser aus als die Männer." Johanna Pfund

Mitten in ... Jachenau

"Schwindelfreiheit erforderlich" steht auf dem Hinweisschild. Beim Abstieg vom Rabenkopf in Richtung Jachenau geht es steil bergab durch die Rappinschlucht. Ob mein Hund das schafft? In der Nacht hat es geregnet, die Felsen könnten rutschig sein. Am Waldrand kommt mir eine Gruppe Seniorinnen um die 70 entgegen, sie stapfen schnaufend bergauf. "Wie ist der Weg zu gehen?", frage ich die erste von ihnen. "Langweilig!", knurrt sie. "Die ganze Zeit nur Wald. Langweilig, aber problemlos." Weiter unten komme ich in eine spektakulär schöne Landschaft: hohe Felswände, türkisgrünes Wasser in Gumpen, der schmale, großteils ungesicherte Weg windet sich am Rand einer schwindelerregend tiefen Schlucht. Ich frage mich, wie aufregend das Leben dieser Seniorin sein muss, dass sie so etwas als langweilig bezeichnet. Oder hat sie mich etwa angeschwindelt? Titus Arnu

Mitten auf ... der D 570

Frankreichs Autobahnen kosten Maut, mit einem Wohnmobil noch mehr als eh schon. Dann also lieber auf der Küstenstraße D 570 durch die Provence. Optisch super, klar. Aber irgendwann dreht man dem Navi den Ton ab, weil es zum 134. Mal sagt: "Nehmen Sie im Kreisverkehr die zweite Ausfahrt." Eine Pause, dringend. Der Besitzer des kleinen Lädchens am Straßenrand erschrickt, als man eintritt. Blöder Zeitpunkt. Im Fernsehen läuft die Tour der France. Salz, Reis, Wurst und einen Stoffpelikan für die kleine Nichte verkauft er einem trotzdem. Rechts neben dem Lädchen liegt wie eine Oase ein von Palmen eingegrüntes Strandbistro. Mediokre Französischkenntnisse genügen, um einen vorzüglichen Meeresfrüchtesalat zu bestellen und ihn auf zwei Teller aufteilen zu lassen. Magnifique! Und nach einer Stunde ist man bereit für Kreisverkehr 135. Oliver Klasen

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