Süddeutsche Zeitung

Missbrauchsfall Epstein:Prinz Andrew in Erklärungsnot

Lesezeit: 2 min

Von Cathrin Kahlweit, London

Prinz Andrew, Mitglied des britischen Königshauses und Sohn von Elizabeth II., gerät immer mehr in Erklärungsnot bezüglich seiner langjährigen Freundschaft mit dem Multimillionär Jeffrey Epstein. Epstein hatte sich in der vergangenen Woche in einem New Yorker Gefängnis das Leben genommen, nachdem unter anderem wegen Missbrauchs Minderjähriger gegen ihn ermittelt wurde.

In Gerichtsakten, die kurz zuvor veröffentlicht worden waren, war auch mehrmals der Name des Duke of York aufgetaucht; zwei junge Frauen hatten ihn des Missbrauchs beschuldigt. Das Königshaus hatte das in Pressemitteilungen zurückgewiesen, Prinz Andrew, hatte es zudem geheißen, sei abgestoßen von dem, was da nun alles zutage trete.

Nur: So überraschend kann vieles von dem, was Ermittler herausfanden und Medien nun berichten, für den Royal nicht gewesen sein, wenn man Fotos, Videos und Akten glauben kann, die im Zusammenhang mit Epsteins Vergehen derzeit kursieren. So ist ein Film aufgetaucht, in dem zu sehen ist, wie Andrew in der Tür der New Yorker Residenz von Epstein steht und einer sehr jungen Frau hinterher winkt. Diese Szene stammt aus einer Zeit, in der Epstein bereits ein erstes Mal wegen Missbrauchs Minderjähriger verurteilt worden war; er hatte dafür bereits 2008 eine kurze Haftstrafe abgesessen. Prinz Andrew hatte aber weiterhin mit ihm und in seinem Haus verkehrt.

Und nicht nur das: Bekannt geworden ist jetzt auch, dass Andrew mehrmals in Epsteins Privatjet in die Residenz des Finanzinvestors nach Palm Beach geflogen ist. Und dass Epstein umgekehrt, gemeinsam mit jungen Frauen und seiner Freundin und mutmaßlichen Gehilfin, der britischen Millionärstochter Ghislaine Maxwell, Schlösser der britischen Königsfamilie besucht hatte, während sich Prinz Andrew dort aufhielt. So sollen Epstein und Maxwell zu Andrews 40. Geburtstag in Schloss Windsor eingeladen gewesen sein. Zudem habe, berichtet die Daily Mail, der Amerikaner den Briten später in Begleitung eines "jungen Models" im schottischen Schloss Balmoral besucht.

Buckingham Palace besteht weiter darauf, dass "jede Andeutung unangemessenen Verhaltens gegenüber Minderjährigen kategorisch" zurückzuweisen sei. Die Königsfamilie dürfte indes wenig erfreut sein, dass der zweite Sohn der Queen einmal mehr für Schlagzeilen sorgt. Der Prinz, der in Großbritannien den Spitznamen "Randy Andy" (der geile Andy) trägt, war immer wieder mit seinem wilden Privatleben und diversen Affären aufgefallen.

Während der Druck auf den britischen Royal wächst, hat Jeffrey Epstein womöglich noch kurz vor seinem Selbstmord Fakten geschaffen, die es möglichen Opfern erschweren dürften, Druck auf die Erben auszuüben und Schadenersatz einzuklagen. Epstein hat offenbar noch zwei Tage vor seinem Tod ein neues Testament aufgesetzt. Darin habe der einstige Hedgefonds-Manager sein Vermögen in Höhe von 578 Millionen Dollar einem Treuhandfonds namens "1953 Trust" übertragen, so die New York Post; Gerichtsunterlagen von den Virgin Islands sollen das belegen.

Anwälte jener Frauen, die Jeffrey Epstein vielfachen Missbrauch vorwerfen, dürften nun mehr Mühe und Zeit aufwenden müssen, um Kompensation für ihre Klientinnen zu erlangen. Epstein soll eine Insel in der Karibik, Häuser in Paris und New York, eine Ranch in New Mexiko und viele teure Autos besessen haben. In den Fonds sollen Bargeld und etwa 300 Millionen Dollar in Anlagen eingeflossen sein. Wer Zugriff darauf hat, ist vorerst nicht bekannt.

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Quelle:
SZ vom 21.08.2019
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