Süddeutsche Zeitung

Kindesmissbrauch:Festnahme im Missbrauchskomplex Münster: Gesuchter stellt sich

Die Polizei hatte mit einem Foto nach dem Verdächtigen gesucht. Es stammte von einem Datenstick, den die Ermittler bei anderen Beschuldigten gefunden hatten.

Einen weiteren Erfolg konnten die Ermittler im Missbrauchsfall Münster für sich verbuchen. Am Dienstagabend hat sich ein Tatverdächtiger, nach dem die Polizei mit einem Foto gesucht hatte, gestellt. Der 37 Jahre alte Mann sei in Berlin widerstandslos festgenommen worden, teilte die Polizei in Münster mit.

Aufgrund des großen Fahndungsdrucks habe sich der Mann unmittelbar vor der Festnahme im Beisein seines Rechtsanwalts telefonisch bei der Polizei gemeldet. Der 37-Jährige sei auf mehreren beschlagnahmten Bild- und Videodateien zu sehen. "Diese zeigen schwere sexuelle Missbrauchshandlungen an einem unbekannten männlichen Kleinkind", hatten die Fahnder der Ermittlungskommission "Rose" mitgeteilt.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hatte ein Richter einen Beschluss zur Öffentlichkeitsfahndung erlassen. Das bestätigte Polizeisprecher Andreas Bode der Süddeutschen Zeitung am Dienstag. "Wir sind anderweitig nicht vorangekommen", erklärte Bode. Die Ermittler hatten demnach nicht ausschließen können, dass der Unbekannte nach wie vor Kinder missbrauche oder missbrauchen könnte. Deshalb habe man sich entschlossen, sich an die Öffentlichkeit zu wenden. "Wir mussten diesen Schritt gehen", sagte der Polizeisprecher.

Nach der Veröffentlichung des Fahndungsfotos waren bei der Polizei über die Hinweishotline und per E-Mail knapp vier Dutzend Hinweise eingegangen. Mehrere hätten konkret darauf hingedeutet, dass es sich bei dem Gesuchten um den 37-Jährigen aus Berlin handeln könnte. Münster ist neben Lügde und Bergisch Gladbach einer von drei großen Missbrauchsfällen der vergangenen Jahre in Nordrhein-Westfalen. Der Fall kam im Juni 2020 nach Ermittlungen in einer Gartenlaube ans Licht. Im Zuge dessen hatte es in mehreren Bundesländern und im Ausland Festnahmen gegeben.

In dem Komplex wurden bereits fünf Männer zu Freiheitsstrafen verurteilt. Insgesamt wurden durch die Ermittler mehr als 50 Tatverdächtige identifiziert, von denen derzeit etwa 30 in U-Haft sitzen. Am Dienstag wurde der Hauptprozess mit weiteren Plädoyers fortgesetzt. Die Anklage fordert für den mutmaßlichen Haupttäter, einen IT-Experten aus Münster, 14 Jahre Gefängnis und wegen Wiederholungsgefahr anschließende Sicherungsverwahrung. Ein Urteil am Landgericht Münster wird frühestens Ende Juni erwartet.

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