Millionen-Unterschlagung:Heros-Chefs angeblich von Mitarbeitern erpresst

Offenbar haben Teile der Belegschaft von den illegalen Machenschaften an der Spitze des Geldtransport-Unternehmens gewusst. Doch anstatt die Polizei zu informieren, ließen sich die Mitwisser für ihr Schweigen bezahlen.

Johannes Nitschmann

Die Firmenleitung des Geldtransportunternehmens Heros, in dem mehr als 300 Millionen Euro Kundengeld unterschlagen worden sein sollen, ist angeblich jahrelang von eigenen Mitarbeitern erpresst worden. Diese hatten nach Angaben aus Justizkreisen damit gedroht, die illegalen Praktiken im Unternehmen auffliegen zu lassen.

Wie die Süddeutsche Zeitung am Donnerstag aus den Kreisen erfuhr, wurde vor einer Woche eine 39-jährige Mitarbeiterin der ins Zwielicht geratenen Werttransportfirma wegen des Verdachts der Erpressung und der schweren Untreue verhaftet. Die derzeit in der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen einsitzende Frau war demnach als leitende Personalmanagerin bei der in Viersen ansässigen Nordcash Geldbearbeitungs GmbH tätig. Nordcash ist eine der 23 Heros-Tochterfirmen, für die zwischenzeitlich Insolvenz beantragt worden ist.

Mindestens eine Million Euro kassiert

Laut Haftbefehl soll die 39-Jährige seit 2002 von Heros-Inhaber Karl-Heinz Weis und dem Nordcash-Leiter Manfred Diel in mehreren Tranchen mindestens eine Million Euro erpresst haben. Zudem soll die Frau, eine ehemalige Erzieherin, über einen Zeitraum von etwa drei Jahren aus den in Viersen gezählten Kundengeldern monatlich zwischen 50 000 und 250 000 Euro für sich selbst abgezweigt haben.

Der Erpressungsverdacht hat sich für die Ermittler offenbar nach den Vernehmungen von Weis und Diel ergeben, die neben zwei weiteren Heros-Managern bereits am 17. Februar verhaftet worden waren. Weis und Diel haben nach Angaben aus Justizkreisen ausgesagt, sie seien von Mitarbeitern, die über die strafbaren Machenschaften bei Heros detailliert Bescheid gewusst hätten, zur Zahlung von Schweigegeld genötigt worden.

Die in den Heros-Ermittlungen federführende Staatsanwaltschaft Mönchengladbach wollte sich zu den Erpressungsvorwürfen und der Festnahme der 39-jährigen Nordcash-Managerin nicht äußern. Derzeit werte seine Behörde umfangreiches Beweismaterial sowie Vernehmungen von Beschuldigten und Zeugen aus, sagte Staatsanwalt Peter Aldenhoff.

Manager nutzten Chaos während Euro-Umstellung

Die Vernehmungen hätten ergeben, dass die beschuldigten Heros-Manager insbesondere die Euro-Umstellung im Jahr 2002 für ihre Zwecke genutzt hätten, hieß es aus den Justizkreisen weiter. Beschuldigte hätten ausgesagt, man habe das damalige "Chaos in der gesamten Geldbranche" zum Anlass genommen, um sich durch verspätete Gutschriften von Kundengeld in einem Schneeballsystem zu bereichern.

Millionenschwere Firmenverluste, aber auch Unterschlagungen von Mitarbeitern seien durch das Verschieben immer neuen Kundengeldes gedeckt worden. Dabei habe das Heros-Management den Überblick verloren. Dies soll nach Aussage von Heros-Inhaber Weis auch dazu geführt haben, dass Kaufhäusern Einzahlungen von bis zu einer Million Euro doppelt gut geschrieben worden seien.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: