Miley Cyrus in München:"Showtime, mein Spätzchen"

Wo immer sie hinkommt, flippen Tausende Kinder und Teenager aus: Miley Cyrus verkörpert das saubere Disney-Image. Damit das so bleibt, darf die 16-Jährige nicht erwachsen werden.

Wolfgang Luef

Tausend kreischende Kinder und Teenager sind für sie Routine. Fernsehkameras und Blitzlichter ebenso. Versiert lächelnd schreitet sie den roten Teppich entlang, spricht in Mikrofone, gibt gut hundert Autogramme innerhalb von wenigen Minuten. So war es in den vergangenen Tagen in London, Madrid und Rom - so war es auch am Samstag in München.

Miley Cyrus in München: Miley Cyrus, 16, ist der größte Star des Medienunternehmens Disney.

Miley Cyrus, 16, ist der größte Star des Medienunternehmens Disney.

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Miley Cyrus ist 16 Jahre alt und der größte Star, den das Medienunternehmen Disney im Augenblick zu bieten hat. Als Schauspielerin und Sängerin verdient sie an die 20 Millionen Dollar im Jahr, drei Nachbildungen aus Wachs stehen in den Madame-Tussauds-Museen in London, New York und Berlin. Ihre Poster hängen an den Wänden von Millionen Kinderzimmern weltweit, ihr Konterfei ziert Schulrucksäcke, Parfumflaschen und Schreibtischstühle.

Und wo immer sie hinkommt, flippen Tausende Sechs- bis 15-Jährige aus, drücken sich gegenseitig an die Metallabsperrungen, schreien in Tränen aufgelöst ihren Namen. In München müssen die Sanitäter schon anderthalb Stunden vor ihrem Auftritt zum ersten Schwächeanfall ausrücken.

Das bodenständige Mädchen aus Tennessee

Nach der Begegnung mit den Fans beginnen die Interviews: In einem leeren Kino-Saal des Münchner Mathäser-Filmpalasts gibt sie eines nach dem anderen, zwei Stunden lang. "Wie fühlt es sich an, der größte Teenie-Star der Welt zu sein?", will eine Reporterin wissen. Cyrus hat die Frage allein heute wohl schon ein Dutzend mal gehört.

Das Mädchen kichert und gluckst. Sorry, sagt sie dann. Sie habe bloß über einen doofen Witz ihrer Schwester lachen müssen, die in einem der Kino-Sessel sitzt und verschmitzt grinst, die nackten Füße über der Sitzlehne vor ihr verschränkt. Großartig fühle es sich an, ganz wunderbar - die ganze Unterstützung der Fans und so.

Miley Cyrus kann schnell umschalten: Genau so selbstverständlich, wie sie am roten Teppich den Superstar gibt, möchte sie backstage das bodenständige Mädchen aus Tennessee sein, das ihren Traum lebt. Sie spricht dann am liebsten von Ehrlichkeit und Fleiß, von der platonischen Liebe und ihrer Familie.

Familienfilm mit Moral

Das ist die Botschaft, die sie und ihr erster Kinofilm verbreiten sollen. Seit sie 13 war, wird sie von Disney zum Vorbild für ein junges Publikum aufgebaut. Zur Zeit stellt sie die Kino-Adaption der Erfolgsserie "Hannah Montana" vor: Genau wie in der Serie spielt sie darin das Schulmädchen Miley, das ein geheimes Doppelleben als erfolgreicher Popstar führt.

Als ihr der Erfolg zu Kopf steigt, schleppt ihr Vater und Manager - gespielt von ihrem Vater und Manager Billy Ray Cyrus - sie in ihre alte Heimat Tennessee. Dort lernt Miley, dass Ruhm und Geld allein nicht glücklich machen. Es ist ein Familienfilm mit Moral und Happy End, in dem sich - wie Disney verbreiten lässt - die "Grenze zwischen Fiktion und Realität verwischt". Die echte Miley soll genau so sein wie die im Film, die kurz vor dem Auftritt noch mit ihrem Vater darüber streitet, wer mit Geschirrabwaschen dran ist, bevor er sie mit den Worten "Showtime, mein Spätzchen", auf die Bühne schickt.

Doch auch wenn die junge Amerikanerin stets beteuert, ihre Beziehung zu dem 20-jährigen Unterwäschemodel Justin Gaston sei "platonisch"; auch wenn sie einen symbolischen "Keuschheitsring" am Finger trägt, mit dem sie der Welt verspricht, enthaltsam zu leben: Das kindliche Disney-Image will nicht mehr so ganz zu der jungen Frau mit dem kurzgeschnittenen Kleid und den Stöckelschuhen passen, die selbstbewusst über die roten Teppiche der Welt marschiert.

Entrüstung über semi-erotische Fotos

Die Marke Miley Cyrus ist längst größer als Hannah Montana. Die Zeitschrift Time hat Cyrus in die aktuelle Liste der hundert einflussreichsten Menschen der Welt aufgenommen, regelmäßig lächelt sie von den Titelseiten internationaler Magazine. Und alle scheinen nur darauf zu warten, dass sie einen Fehler macht.

Sie muss sich schon öffentlich entschuldigen, wenn ein Bild von ihr auftaucht, auf dem sie nicht angeschnallt im Auto sitzt. Wenn ihr beim Joggen der BH verrutscht, heißt das "Mileygate". Entsprechend groß war die Entrüstung über semi-erotische Fotos der Minderjährigen: Einige entstanden bei einem Shooting im Beisein ihres Vaters, andere hat Miley selbst mit ihrer Handy-Kamera gemacht, bevor sie den Weg ins Internet fanden. Vergleiche mit gefallenen Disney-Engeln wie Britney Spears und Lindsay Lohan waren schnell gezogen - sie begleiten Cyrus, wohin sie geht. "Niemand ist perfekt", sagt sie und lächelt.

Sittenwächter und Klatschreporter konnten sich aber über keinen der Cyrus-Skandälchen derart empören wie über den Schauspieler Jamie Foxx, der sich in einer Comedy-Sendung dazu verstieg, der Sauberfrau Cyrus zu raten, endlich mal ein Sex-Video zu drehen oder eine Crack-Pfeife zu rauchen, um in der Welt der Stars erwachsen zu werden. "Dieser Holzkopf", fauchte ein Nachrichtenmoderator des Fernsehsenders Fox: "Sie ist doch erst 16 Jahre alt!"

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