Michalski: Die Festnahme:Verhaftung ohne Gegenwehr

Ortung via Handy: Der fahrradfahrende Peter Paul Michalski wurde von Polizisten nahe der niederländischen Grenze in einen Straßengraben abgedrängt. Bei der Festnahme wehrte er sich nicht.

Der geflohene Häftling Peter Paul Michalski hat bei seiner Festnahme am Morgen in Schermbeck am Niederrhein keinen Widerstand geleistet. Er habe sich sofort ergeben, auf den Boden gelegt und den Polizisten gesagt, wo er seine Waffe trug, sagte Polizeidirektor Dieter Klinger in Köln. Die Beamten sind dem Schwerverbrecher durch ein Handy auf die Spur gekommen.

Michalski: Die Festnahme: Der mehr als vier Tage flüchtige Mörder Peter Paul Michalski wurde von einem Sondereinsatzkommando von der Straße abgedrängt und verhaftet, als er mit einem Fahrrad in der Nähe der niederländischen Grenze unterwegs war.

Der mehr als vier Tage flüchtige Mörder Peter Paul Michalski wurde von einem Sondereinsatzkommando von der Straße abgedrängt und verhaftet, als er mit einem Fahrrad in der Nähe der niederländischen Grenze unterwegs war.

(Foto: Foto: AP)

Durch "neue Überwachungsmaßnahmen" sei Michalski im Kreis Wesel über ein Handy lokalisiert worden, sagte Klinger vor Journalisten in Köln. Weitere Einzelheiten wollte er aus ermittlungstaktischen Gründen nicht nennen.

Ein Sondereinsatzkommando hatte den vor viereinhalb Tagen aus der Justizvollzugsanstalt Aachen geflohenen, bewaffneten Mörder am Morgen in der Nähe eines Landgasthofs auf einem silberfarbenen Fahrrad gesehen. Die Beamten verfolgten den bewaffneten Mann mit ihrem Fahrzeug und drängten ihn in den Straßengraben ab. Weder die Polizisten noch der verurteilte Mörder wurden verletzt. Wohin Michalski wollte, ist noch nicht bekannt.

Die Überwältigung des 46-Jährigen durch die Einsatzkräfte, die in ziviler Kleidung unterwegs waren, erfolgte nach Polizeiangaben so schnell, dass es gar nicht zu einem Schusswechsel habe kommen können. Damit sind nun beide Schwerverbrecher, die am Donnerstagabend aus dem Aachener Gefängnis ausgebrochen waren, wieder in Haft.

Nach Michalski war zuletzt schwerpunktmäßig im Raum Ostwestfalen gefahndet worden, da er in der Gegend Freunde und Verwandte hat. Am Montagabend hatten sich zwei Zeugen, die Michalski im Gütersloher Stadtteil Niehorst mit einer Waffe gesehen haben wollten, unabhängig voneinander bei der Polizei gemeldet. Die daraufhin gestartete Suchaktion nach dem wegen Mordes verurteilten Ausbrecher verlief aber erfolglos. Wie Michalski in den Raum Wesel gelangen konnte, ist derzeit unklar.

Der 46-Jährige Peter Paul Michalski befindet sich inzwischen an einem unbekannten Ort in Polizeigewahrsam. Laut dem Sender N24 soll er in die Justizvollzugsanstalt nach Bielefeld-Brackwede gebracht werden. Sein Komplize Michael Heckhoff, der bereits am Sonntag gefasst worden war, sitzt jetzt im Hochsicherheitstrakt in der JVA Bochum ein.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ingo Wolf (FDP) nannte die Festnahme einen "großartigen Erfolg der Polizei" und dankte den Beamten für ihren Einsatz. Aus Sicht des Bundesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, hat sich die zentrale Führung des Einsatzes bewährt. Es sei gelungen, einen flächendeckend hohen Fahndungsdruck zu erzeugen.

Überprüfung der JVA-Sicherheitssysteme geplant

Nach dem Ausbruch der beiden Schwerverbrecher aus der JVA Aachen will das NRW-Justizministerium nun die Sicherheitssysteme in Gefängnissen umfassend prüfen. "Menschlich, technisch und organisatorisch" werde alles "auf Herz und Nieren" untersucht, sagte Landesjustizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) in Düsseldorf. Der Gefängniswärter, gegen den als mutmaßlichen Fluchthelfer der inzwischen gefassten Verbrecher Haftbefehl erging, schweige bislang. Wegen des Verdachts der Beihilfe ermittele die Staatsanwaltschaft auch gegen einen Mitgefangenen.

Müller-Piepenkötter widersprach einem am Dienstag veröffentlichten Bericht der Bild-Zeitung mit Einzelheiten des Ausbruchs, dem ein vom Anwalt autorisiertes Interview mit dem Ausbrecher Michael Heckhoff zugrunde liegen soll. Es habe kein Interview gegeben, sagte sie. Vielmehr handele es sich wohl um illegal weitergegebene Aussagen aus einem Vernehmungsprotokoll. Die Polizei leitete ein entsprechendes Ermittlungsverfahren ein. Einige Details stimmten aber nicht mit den polizeilichen Ermittlungserkenntnissen überein, sagte sie.

So sei es nach Einschätzung ihrer Sicherheitsexperten nicht möglich, die Gefängnisschlüssel auf einem Kopierer abzulichten und nachmachen zu lassen. Die Waffen der Gangster stammten nach Angaben der Ministerin aus einem Tresorraum an der Pforte - dort hätten sie gefehlt. Der 40 Jahre alte verdächtige Gefängniswärter hatte zur Tatzeit nur vorübergehend an der Pforte ausgeholfen, während der regulär eingeteilte Pförtner eine Kontrollfahrt machte.

"Individuelles Fehlverhalten" des Wärters

Dass ein Vollzugsbeamter einen Ausbruch ermögliche und auch noch Waffen an Gefangene ausgebe, sei "fast unvorstellbar". Dem Gefängniswärter habe klar sein müssen, dass er dabei entdeckt werden würde. Müller-Piepenkötter betonte, dass es sich um "individuelles Fehlverhalten" handele. Es gebe "keine Veranlassung", gegen führende Bedienstete der JVA Aachen vorzugehen.

Die Leiterin der JVA Aachen, Reina Blikslager, zeigte sich erleichtert, dass nach Heckhoff nun auch Michalski gefasst wurde. Sie betonte, dass gegen kriminelle Bedienstete "auch die besten Sicherheitsmaßnahmen nicht helfen".

Auf ihrer Flucht hatten Michalski und Heckhoff drei Autos gekapert und zwischenzeitlich fünf Personen als Geiseln genommen. Bereits am Sonntag war der mit Michalski geflohene Schwerverbrecher Michael Heckhoff in Mülheim an der Ruhr von einem Spezialeinsatzkommando festgenommen worden. Die beiden Gefängnisausbrecher waren von Aachen nach Köln und von dort ins Ruhrgebiet geflüchtet. Beide Männer sind zu lebenslanger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.

Etwa 1500 Beamte waren an der Suche nach den ausgebrochenen Häftlingen beteiligt.

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