Süddeutsche Zeitung

Michael Douglas über seine Krebserkrankung:Warum Oralsex Krebs auslösen kann

Vor drei Jahren erkrankte Michael Douglas an Kehlkopfkrebs. In einem Interview erklärt der Schauspieler nun, dass Oralsex der Auslöser für seine Krankheit gewesen sei. Klingt absurd, hat aber einen ernsten Hintergrund: Die verantwortlichen Viren sind tatsächlich weit verbreitet.

Von Merle Sievers

Früher war er einer der bösen Jungs in Hollywood. Alkohol, Drogen, Sex - Michael Douglas hat nichts ausgelassen. Heute ist der Filmstar zur Ruhe gekommen. Seine neuen Rollen sind die des treusorgenden Familienvaters und gelegentlich die des Gentlemans auf der Leinwand.

Letztere spielte er auch vergangenes Wochenende wieder bei den Filmfestspielen in Cannes. Dort war Michael Douglas zu Gast, um seinen neuen Film "Behind the Candelabra" zu präsentieren. Mit dem Porträtfilm über den extravageanten Pianisten und Entertainer Liberace feiert Douglas sein persönliches Comeback auf der Leinwand nach schwerer Krankheit.

In einem Interview mit der britischen Zeitung The Guardian spricht Douglas jetzt erstmals über seine Krebserkrankung. Laut der Zeitung sagte er, Oralsex sei die Ursache für seine Krebserkrankung gewesen. "Diese bestimmte Art von Krebs, die ich habe, wird von den Humanen Papillomviren (HPV) ausgelöst. Und die habe ich mir beim Cunnilingus eingefangen", wird der 68-Jährige zirtiert.

Vor drei Jahren hatte Douglas in einer US-Talkshow bekanntgegeben, dass er an Kehlkopfkrebs erkrankt sei. Stufe vier von fünf, Krebs im fortgeschrittenen Stadium. Auf die Diagnose folgten mehrere Monate Chemotherapie und Bestrahlung, die den Tumor komplett verschwinden ließen. Doch kann Oralsex tatsächlich Krebs auslösen?

Ja. Douglas wäre nicht der Einzige. Die HP-Viren sind in der Bevölkerung weit verbreitet, etwa 25 Prozent der Frauen unter 30 Jahren haben das Virus. Zu der Infektionsrate bei Männern gibt es keine genauen Statistiken. Die meisten Menschen bemerken jedoch keinerlei Symptome und die Infektion heilt binnen einiger Monate wieder ab. Nur in sehr wenigen Fällen führt eine HPV-Infektion zu einer Krebserkrankung.

"In der Tat ist es so, dass 30 bis 40 Prozent aller Kehlkopfkrebs-Erkrankungen weltweit durch HPV ausgelöst werden", sagt Lutz Gissmann vom Deutschen Krebsforschungszentrum zu Süddeutsche.de. HP-Viren können durch Geschlechts- oder Oralverkehr übertragen werden, sie infizieren die Schleimhäute und können je nach Typus Tumore hervorrufen. Bei vielen Frauen sind HP-Viren beispielsweise die Ursache für Gebärmutterhalskrebs. Bei Männern verursachen sie häufiger eine Krebserkrankung am Kehlkopf, so wie Michael Douglas sie hatte.

Wenn man sich allerdings die Vita von Herrn Douglas anguckt, liegt der Gedanke nahe, dass sein Krebs auch von zu starkem Tabak- oder Alkoholkonsum herrühren könnte, die ebenfalls Auslöser für Krebserkrankungen sein können. 1992 ging er in eine Klinik, um seine Drogen- und Alkoholsucht zu heilen.

Zu solchen Vermutungen sagt Gissmann: "Man kann die Kehlkopf-Tumore sehr genau auf die HP-Viren untersuchen und feststellen, ob die Erkrankung von einer Sexualinfektion oder zu starkem Tabakkonsum kommt. Insgesamt sind die rauchbedingten Krebse in den letzten Jahren zurückgegangen, die Krebse durch HPV-Infektionen haben hingegen zugenommen." Recherchen des Guardian zufolge ist es allerdings so: Auch wenn Zigarettenkonsum nicht zwingend der Auslöser für Kehlkopfkrebs sein muss, so bleiben die HP-Viren bei Rauchern im Körper länger aktiv als bei Nichtrauchern.

Das Interview des Guardian mit Douglas hat nicht nur in Hollywood und Cannes für Gesprächsstoff gesorgt. Auch in den sozialen Netzwerken diskutieren die User, wie und ob Oralsex Krebs verursachen kann. Für besondere Aufregung sorgt dabei die angebliche Aussage von Douglas, wonach Oralsex auch gleichzeitig die beste Therapie für Kehlkopfkrebs sei - quasi Segen und Fluch zugleich. "Das stimmt so nicht", sagt Gissmann. "Eine Heilung des Krebses durch Papillomviren funktioniert nicht. Doch insgesamt haben HPV-bedingte Krebse gute Heilungsprognosen."

Eine gute Prognose hat auch Michael Douglas. "Gott sei Dank bin ich seit zwei Jahren krebsfrei. Und diese Art von Krebs kehrt in 95 Prozent aller Fälle nicht zurück", sagt er im Interview. Er hat den harten Kampf gegen den Krebs gewonnen, zusammen mit Ehefrau Catherine Zeta-Jones und den zwei gemeinsamen Kindern. Und das sah man ihm auch an. In Cannes beeindruckte er Presse und Kollegen wie eh und jeh mit seinem Sex-Appeal und Charme.

Er selbst blickt ehrfürchtig und stolz auf die schwere Zeit der Krankheit zurück: "Es waren ein paar harte Jahre. Doch nach der Krebspause bin ich nun umso stärker zurück. Ich bin dankbar und froh darüber, dass ich noch am Leben bin und meine Karriere weiterführen kann."

Kurze Zeit nach der öffentlichen Aufregung um das Guardian-Interview wurde die Aussage von Michael Douglas, er habe sich beim Oralsex mit den HP-Viren infiziert, durch einen Sprecher dementiert. Die genaue Begründung lesen Sie hier.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1686831
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/beu/bavo
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.