43 vermisste Studenten:Strafverfahren gegen früheren Generalstaatsanwalt in Mexiko

43 vermisste Studenten: Seine ersten Ermittlungsergebnisse hatte der frühere mexikanische Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam als "historische Wahrheit" dargestellt. Inzwischen werden ihm schwere Vorwürfe gemacht.

Seine ersten Ermittlungsergebnisse hatte der frühere mexikanische Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam als "historische Wahrheit" dargestellt. Inzwischen werden ihm schwere Vorwürfe gemacht.

(Foto: Marco Ugarte/AP)

Nach der Entführung der jungen Männer vor acht Jahren leitete er anfangs die Ermittlungen. Einem Bericht zufolge wurden wichtige Augenzeugen getötet und oder von Beamten gefoltert.

Acht Jahre nach dem Verschwinden von 43 Studenten in Mexiko ist ein Strafverfahren gegen den damaligen Generalstaatsanwalt eröffnet worden. Jesús Murillo Karam werden im Zusammenhang mit dem Fall Verschwindenlassen, Folter und Vergehen gegen die Justizverwaltung vorgeworfen. Wie die Justizbehörden mitteilten, wurden alle drei Anklagepunkte zugelassen.

Die Studenten des Lehrerseminars von Ayotzinapa im Bundesstaat Guerrero waren in der Nacht zum 27. September 2014 verschwunden. Der jüngste von ihnen war damals gerade einmal 17 Jahre alt. Korrupte Polizisten hatten sie verfolgt, beschossen, überwältigt und schließlich an das Drogenkartell Guerreros Unidos übergeben.

Der 74-Jährige Murillo Karam war anfangs für die Ermittlungen verantwortlich. Unabhängige Experten und zuletzt auch eine Wahrheitskommission werfen Murillo Karam vor, Beweise gefälscht zu haben, um den Fall nach nur vier Monaten abschließen zu können. Im Laufe der Ermittlungen wurden der Kommission zufolge wichtige Augenzeugen getötet oder von Beamten gefoltert und wieder auf freien Fuß gesetzt. Der möglichen Verwicklung des Militärs und anderer Behörden in den Fall sei nicht nachgegangen worden.

Ende vergangener Woche war Murillo Karam vor seinem Haus in der mexikanischen Hauptstadt verhaftet worden. Bei der Anhörung räumte er zwar mögliche Fehler ein, verteidigte Medienberichten zufolge allerdings die Ergebnisse seiner Ermittlungen. Demnach waren die verschleppten jungen Männer getötet und auf einer Müllkippe verbrannt worden. Diese Version wurde von unabhängigen Untersuchungen allerdings komplett verworfen.

Wahrheitskommission nennt drei Hypothesen für Gewalteskalation

Die Gründe für die Gewalttat sind bis heute nicht vollständig aufgeklärt. Einem kürzlich veröffentlichten Bericht der Wahrheitskommission zufolge sind wohl alle Studenten tot. Bislang wurden allerdings nur Knochenfragmente von drei der jungen Männer gefunden und identifiziert.

Die Studenten hatten vor ihrer Entführung in der Stadt Iguala mehrere Busse gekapert, um zu einer Demonstration in die Hauptstadt Mexiko-Stadt zu fahren. Das war in der kämpferischen linken Landuniversität von Ayotzinapa üblich und wurde allgemein geduldet. In dem kürzlich erschienenen Bericht der Wahrheitskommission werden drei Hypothesen für die Gewalteskalation genannt:

  • Das örtliche Drogenkartell Guerreros Unidos könnte unter den Studenten jemanden mit Verbindungen zu einer rivalisierenden Bande identifiziert haben.
  • Die große Gruppe von jungen Leuten wurde mit Gegnern verwechselt.
  • In einem der gekaperten Busse befanden sich versteckte Drogen oder Geld.

Kommissionschef Encinas wies allen Ebenen des Staates eine Mitverantwortung für das Schicksal der Studenten zu. Präsident Andrés Manuel López Obrador, der die Wahrheitskommission 2018 eingesetzt hatte, versprach in der vergangenen Woche, der Fall werde nicht zu den Akten gelegt. Die Ermittler sollen weiter nach den Verantwortlichen fahnden. Noch ist das wohl monströseste Verbrechen der jüngeren Geschichte in Mexiko nicht aufgeklärt.

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