Süddeutsche Zeitung

Mexiko:Meistgesuchter Mann der Welt gefasst - wieder einmal

  • Der berühmteste Drogenbaron der Gegenwart, Joaquín Guzmán Loera, ist gefasst worden.
  • Wie und wo er festgenommen wurde ist noch unklar. Ein mexikanischer Journalist berichtet, dass Guzmán sich eine Schießerei mit der Marine geliefert hatte.
  • Ihm war es bereits dreimal gelungen, aus dem Gefängnis auszubrechen.

Von Peter Burghardt

Mexikos Präsident machte seinen Triumph am Freitag um 12.19 Uhr Ortszeit bekannt, in Deutschland war es bereits Abend. "Mission erfüllt: Wir haben ihn", verkündete Enrique Peña Nieto auf Twitter. "Ich möchte die Mexikaner informieren, dass Joaquín Guzmán Loera verhaftet worden ist."

Die Mexikaner und andere Leser staunten, denn ein halbes Jahr zuvor war der berühmteste Drogenbaron der Gegenwart mal wieder geflüchtet. Sie kennen den klein gewachsenen Mann vor allem unter seinem Kosenamen "El Chapo", der Kurze. Und als einen Verbrecher, der so viel Geld und Macht hat, dass er meistens tut, was er will.

Der Coup ist eher die Wiedergutmachung einer Peinlichkeit

Wie genau der zuletzt meistgesuchte Mensch der Welt nun bereits zum dritten Mal ins Netz seiner Verfolger ging, war zunächst unklar. Mexikanische Medien berichteten dann, Polizei und Marine hätten Guzmán am frühen Morgen in einem Motel in der Stadt Los Mochis erwischt, offenbar in Kooperation mit der US-Antidrogenbehörde DEA. Fünf seiner Männer seien bei einer Schießerei getötet und sechs festgenommen worden. Der Tatort liegt an Mexikos nördlicher Küste und gehört zur Region Sinaloa, der Heimat von Guzmán und des wichtigsten Rauschgiftkartells. Im Badeort Mazatlán 400 Kilometer südlich von Los Mochis war er im Februar 2014 aus einem Aparthotel geholt worden - und am 11. Juli 2015 bereits zum zweiten Mal aus einem Hochsicherheitsgefängnis entkommen. Guzmán wurde jetzt schon drei Mal festgenommen, das erste Mal 1993 in Guatemala. 2001 gelang ihm die erste Flucht aus einer Haftanstalt im Westen Mexikos. So gesehen ist dieser Coup der Regierung Peña Nieto die Wiedergutmachung der enormen Peinlichkeit vor sechs Monaten.

Damals erlebte man mit einer Mischung aus Spott und Entsetzen, wie dieser Kokainkönig die Industriemacht Mexiko vorführte. Oder steckte mehr dahinter? Bei seinem ersten Ausbruch war er nach der einen Version in einem Wäschewagen aus einer angeblich streng bewachten Zelle von Puente Grande entwischt. Nach einer anderen Version spazierte er einfach hinaus. Bei seiner zweiten Flucht nahm der seinerzeit wichtigste Häftling der Republik in Altoplano dem Vernehmen nach einen 1, 5 Kilometer langen Tunnel, dessen sicher nicht lautloser Bau anscheinend kein Bewacher mitbekommen hatte.

Forbes führt Guzmán als Milliardär

In beiden Fällen steckten außer Komplizen wohl Gefälligkeiten oder gar politische Absprachen dahinter. Verbrecherkonzerne wie Guzmáns Cartel de Sinaloa halten Teile des Landes fest im Griff. Sie verdienen nicht nur mit Pulver, Kraut und Pillen, sondern auch mit Menschen, Waffen, Erpressung, Piraterie, Öl, Geldwäsche. Riesige Summen wandern auch in die legale Wirtschaft. Politiker, Polizisten, Soldaten, Richter oder Reporter werden gekauft, bedroht, ermordet. Mexikos Schlacht fielen mehr als 100 000 Menschen zum Opfer, seit 2006 die Armee eingriff. Kartelle wie Sinaloa, Golfo und Zetas bekriegen sich untereinander und mit dem Staat. Manchmal werden auch Bündnisse geschlossen.

Der 1954 geborene Bauernsohn Guzmán stammt wie etliche bedeutende Narcos, Drogendealer, aus den Bergen Sinaloas, wo er von vielen verehrt wird und geschützt wurde. Er gilt als Stratege, und Forbes führte ihn zwischenzeitlich als Milliardär. Jetzt sitzt er also wieder fest. Mal sehen, wie lange.

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Quelle:
SZ vom 09.01.2016
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