Mexiko:Mach den Flieger!

Mexiko: Mexikos Präsident ließ die Boeing "787" gleich nach Amtsantritt in die USA bringen, damit Interessenten das Flugzeug in einem privaten Hangar besichtigen können.

Mexikos Präsident ließ die Boeing "787" gleich nach Amtsantritt in die USA bringen, damit Interessenten das Flugzeug in einem privaten Hangar besichtigen können.

(Foto: Marco Ugarte/AP)

Seit Jahren will Mexikos Staatschef das protzige Regierungsflugzeug loswerden, das Vorgänger ihm hinterlassen haben. Es gab eine Lotterie, dann sollte der Flieger für Partys vermietet werden. Jetzt hat der Präsident endlich einen Käufer gefunden.

Von Christoph Gurk, Buenos Aires

Es war schon früher Abend, als Andrés Manuel López Obrador am Donnerstag endlich den großen Durchbruch verkündete. Der 69-Jährige, der wegen seiner Anfangsbuchstaben meist nur AMLO genannt wird, ist seit 2018 Präsident von Mexiko, der zweitgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas und dem einwohnerreichsten spanischsprachigen Staat der Welt. Gleichzeitig aber ist Mexiko auch ein Land mit vielen Problemen: Kriminelle Kartelle kontrollieren halbe Bundesstaaten, der Handel mit Drogen und Menschen boomt, und auf dem weltweiten Korruptionsindex rangiert Mexiko auf Platz 126, hinter Albanien und Sierra Leone. Nun aber endlich eine gute Nachricht: "Wir haben es geschafft", sagte AMLO stolz in einem Video, das er am Donnerstag auf seinem Twitteraccount veröffentlichte. "Wir haben das Flugzeug verkauft."

Man muss jetzt mal kurz innehalten. Flugzeug? Ja, ein Flugzeug, eine Boeing 787 Dreamliner, um ganz genau zu sein, gekauft 2012 vom damaligen mexikanischen Staatschef, ausgeliefert 2016 an dessen Nachfolger und seit 2018 ein stetes Ärgernis für den nun amtierenden Präsidenten.

Zum einen stört sich AMLO am Flugzeug selbst: 114 Millionen Dollar hatte es ursprünglich einmal gekostet, danach wurde es dann für fast ebenso viel Geld um- und ausgebaut, mit vollausgestattetem Badezimmer, Kingsize-Bett, Laufband und erlesenen Ledersitzen. So ein luxuriöses Flugzeug will natürlich auch benutzt werden, für Staatsbesuche und Gipfeltreffen, bald aber wurden wohl auch Familienmitglieder mexikanischer Politiker in der Weltgeschichte herumgeflogen.

Symbol der abgehobenen Elite?

Für AMLO ist die Boeing 787 jedenfalls ein Symbol der abgehobenen Elite, die Mexiko lange beherrscht hat. "Es kann keine Regierung der Reichen für ein Volk der Armen geben", sagt er, weshalb sich AMLO auch das Gehalt gekürzt hat und statt einer luxuriösen Limousine demonstrativ einen VW Jetta fährt. Auch in die Präsidentenmaschine werde er keinen Fuß setzen, sagte AMLO, stattdessen werde er Linie fliegen und das Flugzeug verkaufen. Allein: Das war einfacher gesagt, als getan.

Zwar ließ Mexikos Präsident gleich nach Amtsantritt die Boeing 787 in die USA bringen, damit Interessenten das Flugzeug in einem privaten Hangar besichtigen können. Zugreifen aber wollte niemand. Die Jahre vergingen, das Flugzeug wurde zunehmend zum Fluchzeug und sein Unterhalt zum Kostenfaktor.

2020 versuchte AMLO es dann mit einer Lotterie, bei der man Bargeldpreise im Wert des Flugzeugs gewinnen konnte. Aber die Lose verkauften sich nur schleppend, später wurden Gewinner von Narco-Banden bedroht - und das Flugzeug stand weiter ungenutzt herum. Man könne es doch für Hochzeiten und Geburtstagsfeiern vermieten, schlug AMLO vor. Und kurz sah es so aus, als ob Argentinien vielleicht interessiert sei an einem Kauf. Doch da lag wohl ein Missverständnis vor: Im hochverschuldeten Krisenstaat winkte man ab. Luxusflieger? Nein, danke.

Doch nun löst sich alles in Wohlgefallen auf. Die Boeing 787 ist verkauft, an Tadschikistan, für umgerechnet 92 Millionen Dollar, genug, um neue Krankenhäuser in zwei der ärmsten Regionen Mexikos zu bauen. Die Freude ist groß, die Fragen aber auch: War der Preis nicht vielleicht doch ein bisschen zu niedrig? Wo liegt eigentlich Tadschikistan? Und was zur Hölle will das Land mit einem Luxusflieger?

Tatsächlich gehört der ehemalige Sowjetstaat zu den ärmsten Ländern der Welt. Es gebe Unternehmen in Mexiko, deren Einnahmen höher seien als das komplette Bruttoinlandsprodukt von Tadschikistan, sagen Kritiker. Ob der Kauf mit dem Drogenhandel zu tun habe? Steckt doch Moskau hinter der Transaktion? Gerüchte über Gerüchte.

Was genau die neuen Besitzer zu ihrem Kauf bewogen hat, darüber klärte auch AMLO am Donnerstag nicht auf. Das Geld aber sei schon auf einem mexikanischen Konto, sagte ein Regierungsmitarbeiter. Vertreter Tadschikistans seien auch schon im Land und hätten zehn Tage Zeit, um das Flugzeug mitzunehmen. Mexikos Staatschef sagte, man sei zufrieden. Er wirkte bei all dem auch erleichtert: Endlich ist das Ding weg.

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Mexican Air Force Presidential Boeing 787-8 Dreamliner is pictured at a hangar before being put up for sale by Mexico's new President Andres Manuel Lopez Obrador, at Benito Juarez International Airport in Mexico City

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