Mexiko:Drogenkrieg am Traumstrand

Schüsse zwischen Drogenbanden an mexikanischem Strand

Ein schwer bewaffneter Soldat vor dem Hotel in Puerto Morelos. Angreifer hatten den Strand gestürmt, die Gäste verbarrikadierten sich in der Lobby.

(Foto: Karim Torres/dpa)

Eben noch galt die mexikanische Karibikküste als begehrtes Urlaubsziel, nun aber liefern sich Kartelle blutige Kämpfe im weißen Sand - und die Reisenden geraten zwischen die Fronten.

Von Christoph Gurk, Buenos Aires

Die Angst geht um in Cancún. Am Donnerstag kam es zu einer Schießerei, direkt vor einem Hotel der gehobenen Klasse ein paar Kilometer südlich des mexikanischen Badeorts. Mehr als ein Dutzend bewaffnete Angreifer stürmten wohl von einem Boot aus den Strand. Es seien Schüsse gefallen, dann seien Schreie zu hören gewesen, Panik sei ausgebrochen, so erzählten es Augen- und Ohrenzeugen laut Medienberichten. Touristen verbarrikadierten sich in der Hotellobby. Nach einiger Zeit dann Entwarnung: Kein Gast habe schwerere Verletzungen erlitten, erklärten lokale Behörden, wohl aber habe es Tote gegeben, zwei Mexikaner, die allem Anschein nach mehr oder minder hingerichtet worden waren. Von einer "Auseinandersetzung zwischen Mitgliedern von rivalisierenden Gruppen von Drogenhändlern" spricht die Staatsanwaltschaft des Bundesstaates Quintana Roo, in dem Cancún liegt.

Anders gesagt: Der brutale Narco-Krieg, der Mexiko seit Jahren erschüttert, ist nun endgültig auch an den Traumstränden der Karibik angekommen.

Lange galt die sogenannte Riviera Maya als relativ sicheres Urlaubsgebiet. Jedes Jahr kommen Millionen Touristen aus den USA und Europa an die mexikanische Atlantikküste, um hier, unter Palmen, ihre Ferien zu verbringen. Die Branche boomt, das aber zieht längst auch Kriminelle an. Sie wollen mitverdienen an Luxushotels und am Verkauf von Drogen an die Besucher. Dazu liegt Cancún auch noch auf einer viel befahrenen Schmuggelroute für Drogen aus Südamerika in die USA. Immer wieder kam es deshalb in den vergangenen Jahren zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Kartellen, nun aber scheint die Gewalt zu eskalieren.

Deutsche Touristin getötet

Schon vor zwei Wochen waren im etwa 100 Kilometer weiter südlich gelegeneren Tulum zwei Touristinnen ums Leben gekommen, unter ihnen eine Deutsche. Und erst im Juni war eine Besucherin aus den Vereinigten Staaten verletzt worden, als Angreifer von einem Jetski aus das Feuer auf einen Strand eröffneten. Die US-Amerikanerin kam ins Krankenhaus, zwei mutmaßliche Drogendealer erlagen noch vor Ort ihren Verletzungen.

Die Mordrate des Landes ist astronomisch hoch: 36 000 Menschen wurden allein im vergangenen Jahr in Mexiko umgebracht, rein rechnerisch macht das fast 100 Morde pro Tag, alle 15 Minuten ein gewaltsamer Tod. Abgeschlagene Köpfe, verstümmelte Leichen, immer wieder werden Massengräber ausgehoben.

So richtig kümmert das keinen mehr in Mexiko, und so gesehen sind die Attacken in den Touristenorten kaum mehr als Schlaglichter eines viel größeren, landesweiten Gemetzels. Dass sie es dennoch in die Schlagzeilen schaffen, liegt zum einem an dem krassen Kontrast zwischen blutigen Morden und türkisblauem Meer. Im Ausland fragt man sich, ob man überhaupt noch sicher Urlaub machen kann in Cancún - und in Mexiko hat man die Sorge, dass die ausländischen Besucher ausbleiben, die so wichtig sind für die Wirtschaft des Landes.

Mexiko: Hotels an der Riviera Maya besser nicht verlassen

Blick über den Strand von Tulum. Hier geriet vor zwei Wochen eine deutsche Touristin in einen Schusswechsel und starb.

(Foto: Michael Juhran/dpa)

Denn eigentlich sollte der Tourismus an der Riviera Maya noch massiv ausgebaut werden, mit neuen Hotels und riesigen Infrastrukturprojekten. Doch das sind Pläne, die kaum noch das Papier wert wären, auf dem sie gedruckt sind, würde die Gewalt weiter eskalieren. Gleichzeitig ist Cancún auch längst nicht das einzige Urlaubsgebiet in Mexiko, das zunehmend in den Drogenkrieg hineingezogen wird. So galt das Städtchen Los Cabos ganz im Süden der Halbinsel von Baja California lange als elegantes Touristenziel für Stars und Sternchen. Dann aber überzogen Gangs die Region vor ein paar Jahren mit einem Bandenkrieg, Leichen baumelten von Brücken, Besucher stornierten ihre Reservierungen.

Und über alldem schwebt die Angst, man könne das neue Acapulco werden: Einst ein Topziel für Besucher aus aller Welt, stand die einstige Urlaubshochburg in den vergangenen Jahren stattdessen in den Top Ten der gefährlichsten Städte weltweit. Der Tourismus brach weitgehend zusammen, viele Besucher suchten sich lieber sicherere Orte für ihre Ferien aus. Lange waren das Cancún und die Riviera Maya. Doch damit scheint es nun vorbei zu sein.

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