Süddeutsche Zeitung

Methanol-Tod in der Türkei:Die Fahndung nach den Panschern läuft

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Die drei Schüler aus Lübeck sollen nicht die einzigen gewesen sein, die gepanschter Alkohol in der Türkei das Leben gekostet hat.

Erneut sorgen in der Türkei Todesfälle in Zusammenhang mit vergifteten Alkohol für Aufregung: Zwei weitere Mensch sollen gestorben, nachdem sie Alkohol getrunken hatten, der wahrscheinlich gepanscht war.

Im westtürkischen Bornova starb nun ein 37-jähriger Mann im Krankenhaus, nachdem er Wodka getrunken hatte, berichtet die Zeitung Star. Im nordwesttürkischen Bursa starb ein Mann nach dem Genuss von Raki, meldete der staatliche Fernsehsender TRT.

Der Mann habe ein Paket mit Raki-Flaschen im Straßengraben gefunden und zusammen mit Freunden von dem Schnaps getrunken. Vier Trinkkumpane wurden am Donnerstag noch im Krankenhaus behandelt; der Zustand von drei Männern sei kritisch.

In Bursa war bereits vor Wochen gepanschter Raki aufgetaucht. Mit dem neuesten Fall stieg die Zahl der Opfer von schwarz gebranntem Alkohol in Bursa laut TRT innerhalb eines Monats auf sechs.

Im Ferienort Kemer bei Antalya hatten Ende März sieben Realschüler eines Lübecker Bildungszentrums offenbar Alkohol getrunken, der hochgiftiges Methanol enthielt. Ein 21-Jähriger starb noch im Hotel an einer Methanolvergiftung, ein 17-Jähriger und ein 19-Jähriger starben am vergangenen Wochenende in der Lübecker Uniklinik, nachdem sie eine Woche im Koma gelegen hatten. Vier weitere Schüler überlebten die Vergiftungen. Inzwischen sind drei Verdächtige festgenommen worden, darunter zwei Manager des Hotels Anatolia Beach.

Staatsanwaltschaft vernimmt Mitschüler

Unterdessen hat in Lübeck die Staatsanwaltschaft begonnen, die Klassenkameraden der drei gestorbenen Schüler zu vernehmen. Dadurch erhoffe man sich Aufschluss über den tatsächlichen Hergang der Ereignisse in der Türkei, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Klaus-Dieter Schultz. Erst danach werde entschieden, ob ein Ermittlungsverfahren gegen den Lehrer eingeleitet werde, der die Gruppe begleitet hatte.

Einer der Schüler hat inzwischen massive Vorwürfe gegen den Lehrer erhoben: Er habe seine Aufsichtspflichten verletzt. Der Lehrer habe sich während der ganzen Reise kaum um die Gruppe gekümmert, behauptete der 19-Jährige im Sender NDR 1 Welle Nord. Sein 21 Jahre alter Mitschüler habe mehr als 20 Stunden in seinem Hotelzimmer gelegen, bevor der Lehrer nach ihm geschaut habe, sagte der Schüler weiter.

Der Geschäftsführer der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Bernd Schauer, sagte dazu, wenn das zuträfe, sei das tatsächlich problematisch. "Ein Lehrer auf Klassenfahrt sollte schon wissen, wo seine Schüler sind und das gegebenenfalls auch kontrollieren", sagte Schauer. Ansonsten stellte er sich schützend vor den Lehrer. Man dürfe nicht vergessen, dass die jungen Leute gegen das Alkoholverbot verstoßen hätten, das auf Klassenfahrten auch für volljährige Schüler gelte, sagte Schauer.

Mit einem Gedenkgottesdienst wollen Familie und Freunde an diesem Donnerstag in Stockelsdorf bei Lübeck von dem 17-Jährigen Abschied nehmen. In der Türkei haben die Behörden unterdessen die Kontrollen zum Aufspüren gepanschten Alkohols verschärft. Nach einem Bericht der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu haben am Mittwoch in Kemer sechs Ermittler damit begonnen, Hotels, Restaurants und Geschäfte zu durchsuchen.

Türkischer Alkoholhändler auf der Flucht

Der türkische Getränkehändler, der wegen des Todes der drei jungen Deutschen gesucht wird, ist indes weiter auf der Flucht. Die türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, das zuständige Gericht habe einen Haftbefehl für den Mann bestätigt. Türkische Zeitungen hatten berichtet, der wegen Methanolanteilen giftige Alkohol sei von der Firma Germiyan Pazarlama geliefert worden. Der Inhaber der Firma sei nicht mehr unter seiner Adresse zu finden und offensichtlich geflüchtet.

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AFP/dpa/hai/gal
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