Süddeutsche Zeitung

Meteoritenanbetung in Russland:"Das ist kein Stein, das ist eine göttliche Sendung"

Vor kurzem fiel in Russland ein Stein vom Himmel. Andrej Brewitschko sagt im Gespäch mit der SZ, dass ihm die Ankunft des Meteoriten durch Visionen angekündigt wurde. Nun will er sein Heiligtum vor Ungläubigen schützen.

Von Julian Hans

Am 15. Februar ist nahe der russischen Stadt Tscheljabinsk am Ural ein Meteorit vom Himmel gefallen. Der etwa 500 Kilo schwere Brocken soll in Kürze vom Grund des Sees Tschebarkul geborgen werden. Doch Anhänger einer "Kirche des Meteoriten von Tscheljabinsk" warnen vor schlimmen Folgen, sollten Ungläubige ihr Heiligtum berühren. Sektengründer Andrej Brewitschko, 33, fordert von den Behörden die Herausgabe des Meteoriten.

SZ: Herr Brewitschko, was haben Sie denn vor mit dem Stein?

Andrej Brewitschko: Das ist kein Stein, das ist eine göttliche Sendung, ein Informationspaket, das uns vom Himmel gesandt wurde, so ähnlich wie eine CD, deren Informationen man erst auslesen muss. Darauf befinden sich Botschaften über den Aufbau des Alls und eine Reihe von moralischen Gesetzen, die uns helfen sollen, auf einer neuen Stufe der spirituellen Entwicklung zu leben.

Was sind das für Botschaften?

Bei dem sogenannten Meteoriten handelt es sich in Wahrheit um die Gesetzestafeln des neuen Testaments. So wie die Gesetzestafeln, die Moses am Berg Sinai empfangen hat. Wir konnten erst einen Teil davon entschlüsseln.

Und was steht in dem Teil, den Sie schon entschlüsselt haben?

Sie meinen konkret? Äh, das kann ich jetzt noch nicht sagen.

Warum warnen Sie überhaupt davor, dieses Informationspaket vom Boden des Sees ans Licht zu holen?

Jetzt sind die Gesetzestafeln durch eine Schlammschicht geschützt. Aber wenn Ungläubige sie berühren, könnten Informationen beschädigt werden. Wir wollen einen Tempel am Ufer des Sees bauen, zu dem Pilger aus aller Welt kommen. So wie die Kaaba in Mekka. Der Entwurf ist fast fertig, die Finanzierung ist noch ein Problem.

Wie viele Anhänger hat Ihre Kirche?

Etwa fünfzig. Wir sind ja noch ganz jung. Aber seitdem das Fernsehen über uns berichtet hat, melden sich viele Interessierte.

Wie kommen Sie darauf, dass der Meteorit eine göttliche Botschaft trägt?

Bereits Tage, bevor er vom Himmel gefallen ist, bin ich krank geworden. Ich hatte Visionen von seiner Ankunft, aber ich habe mich dagegen gewehrt, weil ich Angst hatte, ausgelacht zu werden. Erst später habe ich verstanden, dass das die Schamanen-Krankheit war. Danach waren meine Kräfte zurück. Mir war sofort klar, dass der Engel des Herrn zu mir gesprochen hat.

Und dann riefen Sie das Fernsehen an?

Das habe ich gar nicht. Die hat die göttliche Vorsehung zu mir geführt. Sie zum Beispiel hat auch eine höhere Macht gerufen.

Eher nicht. Ich habe im Internet von Ihrer Kirche gelesen.

Doch, doch. Das war eine höhere Macht.

Mal ehrlich, Herr Brewitschko, kann es sein, dass Sie die Öffentlichkeit gerade schön an der Nase herumführen?

Viele Dinge können zugleich heilig und lächerlich sein. Es steht jedem frei, sich für das eine oder das andere zu entscheiden.

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Quelle:
SZ vom 19.09.2013/kjan
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