Messerangriff auf Rabbiner:Polizei sucht Täter mit Phantombild

Ein Messerangriff auf einen Rabbiner in Frankfurt am Main hat bei jüdischen Verbänden und in der Politik Sorge und Bestürzung ausgelöst. Nach einer Operation ist der Zustand des Rabbi stabil.

Der 42 Jahre alte Rabbiner der Frankfurter Jüdischen Gemeinde war am Freitagabend von dem südländisch aussehenden Unbekannten auf der Straße mit einem Stich in den Bauch verletzt worden. Sein Zustand war nach einer Operation stabil, Lebensgefahr bestand nicht.

Die Polizei geht nicht von einem gezielten Anschlag aus, sondern von einem "spontanen, zufälligen Zusammentreffen" zwischen Täter und Opfer. Dennoch habe sich der Angriff gegen den Rabbi als orthodoxen Juden gerichtet, heißt es im Polizeibericht.

Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, sagte, angesichts der sich häufenden Gewaltakte gegen Minderheiten müsse man sich fragen, "ob die Diskussion um No-go-Areas (gefährliche Bereiche für Angehörige von Minderheiten) zwischenzeitlich nicht auch auf andere Teile in der Bundesrepublik als nur den Osten ausgeweitet werden muss". Knobloch zeigte sich "schockiert und wütend" über die Tat.

Der Täter sprach den jüdischen Geistlichen, der eine traditionelle Kopfbedeckung (Kippa) trug, nach Polizeiangaben mit arabisch klingenden Worten an. Der Rabbiner habe die Worte nicht verstanden und nachfragt. Daraufhin habe ihn der südländisch aussehende Mann auf Deutsch als Juden beleidigt, eine Todesdrohung ausgestoßen und zugestochen, hieß es. Der Verletzte schaffte es mit Hilfe zweier Begleiter in ein nahegelegenes Krankenhaus.

Der Rabbiner war mit seinen beiden Bekannten auf dem Nachhauseweg von der Synagoge, als der Täter ihm mit zwei Begleiterinnen entgegentrat. Nach dem Angriff flüchteten der Messerstecher und die Frauen in unterschiedliche Richtungen. Die Polizei sucht die Frauen als wichtige Zeuginnen. Die Staatsanwaltschaft setzte 2000 Euro Belohnung für Hinweise zur Tat aus.

Entsetzen und Empörung

Die Arbeitsgemeinschaft Kirche und Judentum in Thüringen äußerte sich am Sonntag "entsetzt über diesen Mordversuch auf offener Straße" und sprach von einem "ernstzunehmenden Anschlag auf die Religionsfreiheit und das Miteinander von Menschen aller Glaubensrichtungen in Deutschland".

Politik und Öffentlichkeit hätten sich auch zu sehr daran gewöhnt, dass jüdische Gottesdienste seit Jahrzehnten nur unter Polizeischutz stattfänden. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sprach am Samstag in einer Mitteilung von einer "perfiden Tat, die wir nur mit Entsetzen und Empörung aufnehmen können und auf das Schärfste verurteilen".

Der Vizepräsident des Zentralrats und Vorsitzende der Frankfurter Jüdischen Gemeinde, Salomon Korn, warnte vor voreiligen Schlussfolgerungen. "Nach dem jetzigen Stand deutet alles auf eine spontane und zufällige Tat hin und nicht einen gezielten Anschlag, was die Schwere des Verbrechens natürlich in keinster Weise mindert."

Der andere Vizepräsident des Zentralrats, Dieter Graumann, erklärte: "Zwar lehnen wir einen pauschalen Generalverdacht gegen Muslime ab, denn die Mehrheit der Muslime in Deutschland verurteilt Gewaltakte im Namen des Islam. Aber führende Vertreter muslimischer Verbände müssen sich fragen lassen, was sie konkret gegen Hassprediger und die wachsende Radikalisierung unter jungen Muslimen hierzulande unternehmen."

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