Annegret Kramp-Karrenbauer - sorry für diesen Zungenbrecher am Anfang, bitte lesen Sie trotzdem weiter - hätte schon öfter alles Recht gehabt, verdammt wütend zu werden. Annegret Kramp-Karrenbauer, für diejenigen, die das vielleicht nicht wissen, ist die Ministerpräsidentin des Saarlandes. Das Saarland, für diejenigen, die das vielleicht nicht wissen, ist ein kleines, sympathisches Bundesland im Südwesten, das vom Rest der Republik mit Nichtbeachtung gestraft und höchstens als Größenvergleich benutzt wird, wenn mal wieder irgendwo ein Öltanker leck geschlagen oder ein riesiger Waldbrand ausgebrochen ist.
Jan Böhmermann, ein dahergelaufener Comedian aus Bremen-Vegesack, tat weit Schlimmeres. Er verspottete, verhöhnte und verunglimpfte die Saarländer, wo immer er konnte. Er beleidigte sie in seiner Sendung wegen ihrer Herkunft, ihrer Sprache und ihrer Traditionen. Er besudelte die Ehre der Saarländer und stellte sie als Hottentotten dar, die Sex mit Tieren haben.
Und was tat Annegret Kramp-Karrenbauer? Beschwerte sie sich bei Angela Merkel und versuchte sie, eine öffentliche Rüge zu erwirken? Nö. Rief sie den ZDF-Fernsehrat an, um ein Sendeverbot zu erreichen? Nö. Schloss sie die Grenzen, um Böhmermann den Zutritt zu ihrem Hoheitsgebiet zu verweigern? Nö. Reichte sie Klage ein, beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und bei Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon? Ebenfalls nö.
Annegret Kramp-Karrenbauer blieb die ganze Zeit über ziemlich cool. Daran hätte sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan lieber mal ein Beispiel nehmen sollen. Erdoğan jedoch veranstaltete ein Riesen-Bohei und löste eine Staatsaffäre zwischen Deutschland und der Türkei aus, weil Böhmermann ihn in einem mittelwitzigen Gedicht herabgewürdigt hatte. Das Ergebnis: Obwohl er manchmal nervt, gehört Böhmermann jetzt erst recht zu den Lieblingen des Jahres 2016. Eine Liste, in die hineinzukommen Erdoğan nicht einmal den Hauch einer Chance hat.
(Oliver Klasen)