Süddeutsche Zeitung

Royales Baby:Großbritannien "over the moon"

Lesezeit: 2 min

Von Cathrin Kahlweit, London

Den Vogel hat die Daily Mail abgeschossen: 23 Sonderseiten über ein Baby, das bisher keinen Namen hat und von dem es noch keine Fotos gibt - das war selbst in der Royals-begeisterten britischen Yellow Press absolute Spitze. Die Mail wusste immerhin, dass Meghan, die Duchess of Sussex, ihren kleinen Jungen nun doch nicht daheim, in Frogmore Cottage, sondern im Krankenhaus zur Welt gebracht hat, und das auch nicht in der Nähe von Windsor, wie für den Notfall geplant, sondern letztlich nun doch in London. Sie sei aber schon Stunden nach der Geburt wieder daheim gewesen. Ansonsten: Fotos vom Papa, Fotos von der Mama, gemeinsame Fotos ohne Kind, Fotos von Königskindern, Fotos von möglichen Paten. Sehr bunt, sehr schön, sehr erkenntnisarm.

Die Sun toppt die Mail-Geschichte zwar nicht in ihrer Länge, aber sie weiß immerhin genauer, um welches Krankenhaus es sich handelte, und zeigt Fotos der Klinik von innen - allerdings ohne sonderlichen Mehrwert, denn die derzeit berühmteste Mutter Großbritanniens ist auf diesen Fotos nicht zu sehen. Egal, das Kind ist da, die Briten sind hoch erfreut, und Prinz Harry ist nach eigenen Angaben mehr als das, er ist "over the moon".

In London haben sich auch am Dienstagmorgen zahlreiche Touristen vor den Toren von Buckingham Palace versammelt, um die inhaltlich eher sparsame Ankündigung zu studieren, die traditionell hinter den Sperrgittern zur Straße aufgestellt wird, damit sich das Volk informieren kann über die Neuigkeiten über den royalen Zuwachs. Praktisch wäre das heutzutage natürlich nicht mehr nötig, da selbst der Palast mittlerweile exzessiv Twitter benutzt, aber manche schöne Tradition sollte man nicht über Bord werfen, und das britische Königshaus will das schon gar nicht.

Es hatte schließlich schon genug Änderungen und Neuerungen gegeben, die im traditionsbewussten Palast nicht allen gefallen haben dürften. Meghan und Harry hatten sich ausbedungen, selbst die Informationspolitik rund um ihr Kind zu bestimmen. Sie hatten beschlossen, dass sich die Mutter nach der Geburt nicht direkt, frisiert, geschminkt und scheinbar frisch aus einem langen Schönheitsschlaf kommend, den Fotografen stellen müsse. Sie hatten angekündigt, bald nach der Geburt auf eine längere Reise durch den afrikanischen Kontinent zu gehen - samt Baby. Die Queen und Philip und auch Charles und Diana hatten ihre Kinder, wenn sie auf Reisen gingen, noch zu Hause gelassen und teils Wochen und Monate nicht gesehen. Aber das waren andere Zeiten.

Und dann ist da natürlich das andere Andere. Meghans Mutter, Doria Ragland, war angereist, um ihrer Tochter in den letzten Schwangerschaftswochen beizustehen, und war offenbar auch bei der Geburt dabei. Eine schwarze Oma im britischen Königshaus, das ist ungewöhnlich; und dass das neue Baby die doppelte Staatsbürgerschaft hat, neben der britischen auch die amerikanische, hatte im Königreich wie in den USA ebenfalls Nachrichtenwert.

Dann ist da, natürlich, noch der Opa. Nein, nicht Charles, sondern Thomas Markle, zu dem Meghan, vorsichtig gesagt, ein schwieriges Verhältnis haben soll. Würde er sich unfreundlich über das Königshaus äußern? Das fragten sich die britischen Medien aufgeregt, und würde er eventuell sogar die Euphorie seiner Tochter mit Biestigkeiten über ihre Rolle als Mutter würzen? Offenbar hat sich der US-Großvater bisher zurückgehalten. Nach allem, was man weiß, soll er Glückwünsche über den Atlantik geschickt haben.

Ach ja, die Glückwünsche: Da gibt es auch eine Neuigkeit. Die Sussexes haben die Fans des royalen Babys in aller Welt gebeten, doch bitte keine Geschenke nach Windsor zu schicken. Wahrscheinlich haben sie tatsächlich genug Plüschteddybären und Strampelanzüge. Sondern sie bitten jene, die ihre Anteilnahme zeigen wollen, an Charities zu spenden, die sich für bedürftige Kinder einsetzen.

Nur echte Spielverderber würden jetzt einwenden, dass Meghan das vielleicht auch mit jener Summe hätte tun können, die sie für ihre Babyparty in New York ausgeben hatte. Der sogenannte Babyshower soll Millionen gekostet haben. Aber wäre kleingeistig. Und auch zu spät.

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Quelle:
SZ vom 08.05.2019
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