Medizinskandal in Frankreich:Von der Sekretärin untersucht

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Ein Röntgenarzt in Frankreich soll 7000 Patienten gefährdet haben. Die Betroffenen könnten sich mit Viren infiziert haben - Aids oder Hepatitis nicht ausgeschlossen.

Gerd Kröncke

Es ist einer dieser Medizinskandale, wie sie in Frankreich öfter vorkommen, aber diesmal war alles noch eine deutliche Nummer größer. "Vor zehn Jahren hatten wir eine Rückrufaktion, bei der es um 700 Patienten ging", sagt Alain-Michel Ceretti von der zuständigen Gesundheitsaufsichtsbehörde, "aber diesen Umfang hat es noch nie gegeben."

Fast 7000 Patienten in den Departements Aisne und Nord müssen vom Gesundheitsministerium angeschrieben werden, weil sie sich möglicherweise aufgrund mangelhafter Hygienebedingungen in Praxen mit Viren infiziert haben könnten. Im Mittelpunkt des Skandals steht ein belgischer Arzt syrischer Herkunft, der in den beiden Verwaltungsbezirken fünf medizinische Labors und Röntgenpraxen betrieb.

Der Doktor ist selbst bestürzt. Farid Alsaid, der seit vielen Jahren im Norden Frankreichs praktiziert, zeigte sich überrascht von der Schließung seiner fünf Institute. "Ich bin in erster Linie Arzt", sagte er im Regionalfernsehen, "all die Fragen nach Kontrollen oder nicht, interessieren mich nicht. Aber dass ich das Leben meiner Patienten in Gefahr gebracht haben soll, geht mir zu Herzen. Das weise ich zurück."

Ebendies ist der Vorwurf. Einer seiner eigenen Mitarbeiter hatte die Behörden alarmiert. Grundlegende Regeln der Hygiene seien in den Labors und bei den Patientenuntersuchungen missachtet worden. Die Angestellten hätten die Geräte vor Ultraschalluntersuchungen nicht desinfiziert, sodass die Gefahr von Infektionen bestanden habe. Aids oder Hepatitis seien nicht ausgeschlossen, hieß es.

Bei Röntgenbehandlungen könnte es zu falschen Dosierungen von Strahlung gekommen sein, weil die Geräte von Laien bedient worden seien. Das Bedienungspersonal könnte Strahlenschäden erlitten haben. Außerdem seien möglicherweise falsche Brustkrebs-Diagnosen gestellt worden. Patientinnen berichteten, dass Mammographie-Untersuchungen von Sekretärinnen vorgenommen wurden.

Die Schilder an den fünf Praxen sind inzwischen abmontiert, die Ständeorganisation hat dem Arzt Alsaid fürs Erste seine Approbation entzogen. Wie groß die Gefahr wirklich gewesen ist, muss sich noch herausstellen.

© SZ vom 24.01.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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