Medikamente aus Apotheken:Geschüttelt und gerührt

Lesezeit: 2 min

Nach zwei Todesfällen ist die Heilig-Geist Apotheke in Köln vorübergehend geschlossen. (Foto: dpa)

Nach zwei Todesfällen in Köln sind von Apothekern selbst hergestellte Medikamente in den Fokus gerückt. Dabei gehört die Herstellung von Medizin zum Alltag von Apothekern.

Von Werner Bartens

Dunkel gebeizte Holzschränke bis zur Decke, versehen mit Dutzenden Schubfächern, dazu Vitrinen voller Flaschen und Ampullen. Auf dem Brenner köchelt eine Lösung im Kolben, daneben werden Heilpflanzen im Mörser mit dem Stößel (Apotheker nennen das Werkzeug Pistill) zerrieben. Alte Filme und historische Abbildungen vermitteln das Bild des Apothekers, der nicht nur die Wirkung seiner Präparate kennt, sondern auch handwerklich tätig ist, indem er Arzneien selbst herstellt und mischt.

Heutige Apotheken sind zwar moderner eingerichtet und gleichen in ihrem Design oft Einbauküchen. Für die Zubereitung von Salben, Tinkturen und anderen Präparaten sind sie dennoch weiterhin zuständig. Bei der Herstellung einer Glukoselösung kam es vor wenigen Tagen in Köln zu einem tödlichen Zwischenfall. Eine 28-Jährige und ihr ungeborenes Kind starben, nachdem die junge Frau eine offenbar verunreinigte Flüssigkeit aus der Apotheke für den oralen Glukosetoleranztest getrunken hatte. Damit wird das Risiko auf Diabetes untersucht.

"Ein Rezepturarzneimittel, so der offizielle Name, darf im Prinzip jede Apotheke anfertigen", sagt Ursula Sellerberg von der Bundesapothekerkammer. "Entsprechende Räumlichkeiten, Geräte und Fachkenntnis sind die Voraussetzung, aber die erfüllen eigentlich alle der bundesweit 19 500 Apotheken." Mit dem Pharmaziestudium oder der Ausbildung zur Pharmazeutisch-technischen Assistentin (PTA) werden die Fertigkeiten erworben.

"Nur wenn es keine Fertigprodukte gibt, wird der Apotheker tätig"

Eine Ausnahme gilt für die Zubereitung von Zytostatika. Für die Herstellung dieser hochwirksamen Krebsmedikamente sind die Anforderungen so hoch, dass nur etwa 300 Apotheken bundesweit sie erfüllen und über die vorgeschriebenen Luftschleusen und sterilen Reinraumbedingungen verfügen.

Im Jahr 2018 wurden immerhin noch knapp 13 Millionen individuelle Rezepturen in Deutschlands Apotheken für gesetzlich Versicherte angefertigt. Das macht zwar nur einen Anteil von etwa einem Prozent gegenüber den mehr als 1,363 Milliarden Packungen an Fertigarzneimitteln aus, die im gleichen Zeitraum abgegeben wurden. Trotzdem wird der Bedarf auch weiterhin vorhanden sein, denn spezielle Dosierungen für Kinder, Salben ohne Konservierungs- oder andere Inhaltsstoffe und einige Krebsmittel müssen individuell angefertigt werden. "Mit Rezepturarzneimitteln füllen Apotheker Lücken unter den Fertigarzneimitteln auf", sagt Sellerberg. "Nur wenn es keine Fertigprodukte gibt, wird der Apotheker tätig."

Die Herstellung ist aufwendig, erfolgt nach vorgeschriebenen Verfahren und wird minutiös dokumentiert. Aufsichtsbehörden kontrollieren regelmäßig die Produkte aus Heimarbeit. "Wir bereiten vier- oder fünfmal am Tag Arzneimittel zu", sagt ein Apotheker aus München, der ungenannt bleiben will. Mit genügend Personal sei das kein Problem und eine willkommene Abwechslung. Für Apotheker allein im Geschäft oder mit pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten (PKA), die keine Arzneimittel anfertigen dürfen, könnte es schwieriger werden. Der Fall in Köln ist noch nicht aufgeklärt. Ob sich giftige Restbestände im Gefäß befanden oder Ausgangsstoffe verunreinigt waren, ist bisher unklar.

© SZ vom 27.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Nach Todesfällen
:Behörden schließen drei Apotheken in Köln

Es geht um vorbeugenden Gesundheitsschutz. Eine Mutter und ihr Baby waren an einem Glukosemittel aus einer Kölner Apotheke gestorben.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: