Medienbericht zum Fall Kampusch:Der mysteriöse zweite Mann

Angeblich soll die Wiener Polizei im Fall Kampusch neu ermitteln - "in aller Stille und Vorsicht" prüft sie einem Magazinbericht zufolge, ob es einen Mittäter gab. Die Staatsanwaltschaft dementierte prompt.

Martin Kotynek

Die österreichische Polizei soll einem Medienbericht zufolge im Fall Natascha Kampusch neu ermitteln. Das Magazin Stern berichtet, dass "ein neues Team Erkenntnisse und Hinweise" untersuche, "nach denen der Entführer der damals Zehnjährigen kein Einzeltäter war". Der Wiener Staatsanwaltschaft soll eine 20-seitige Dokumentation widersprüchlicher Aussagen eines Immobilienhändlers vorliegen, der nun "in den Mittelpunkt der Ermittlungen" gerate, wie der Stern berichtet.

Medienbericht zum Fall Kampusch: Natascha Kampusch moderiert: In ihrer ersten Talkshow interviewte sie Niki Lauda.

Natascha Kampusch moderiert: In ihrer ersten Talkshow interviewte sie Niki Lauda.

(Foto: Foto: dpa/ PULS 4)

Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien bestätigte am Mittwochabend eine solche Untersuchung jedoch nicht. "Das wäre absurd und sinnwidrig, denn dabei würde auch nichts herauskommen. Die Mehrtätertheorie haben wir monatelang geprüft", sagte Michaela Schnell von der Wiener Staatsanwaltschaft der Süddeutschen Zeitung.

Bereits vor zwei Jahren soll der Immobilienhändler laut Stern ins Visier der Polizei geraten sein. Er soll ausgesagt haben, am Tag von Natascha Kampuschs Flucht etwa sieben Stunden lang mit dem Entführer Wolfgang Priklopil zusammen gewesen zu sein, bevor dieser auf einem Bahngleis tot aufgefunden wurde. Der Geschäftsfreund von Priklopil bestreitet jedoch, von der Entführung gewusst zu haben. Nun sollen die Ermittlungen "in aller Stille und Vorsicht" wieder aufgenommen worden sein.

Der österreichische Innenminister Günther Platter hatte im Februar eine Untersuchungskommission zu dem Fall eingesetzt. Die Kommission unter Führung des ehemaligen Verfassungsrichters Ludwig Adamovich überreichte am Mittwoch ihren Abschlussbericht. Demnach kamen die zehn Kriminologen, die vier Monate lang 166 Aktenordner ausgewertet und 25 mit dem Fall befasste Polizeibeamte befragt hätten, zu dem Schluss, dass dem Schutz des Opfers Vorrang gegenüber dem Sicherheitsinteresse der Öffentlichkeit gegeben worden sei.

Außerdem bemängelten sie laut Stern, dass wichtigen Spuren und Hinweisen nicht nachgegangen worden sei. In dem Bericht heißt es weiter, es könnte weitere Opfer geben, wenn "fassbare Gründe für die Annahme sprechen, dass (zumindest) ein bisher nicht ausgeforschter weiterer Täter involviert war".

(SZ vom 12.06.2008/beu)

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