Medien:Totgesagte senden länger

Im Jahr 1997 sollte das Deutsche Sportfernsehen abgewickelt werden - jetzt macht es Gewinn.

Von Jens-Christian Rabe

Die Herren in den Business-Anzügen waren sich sicher, ganz sicher: "DSF will never break-even", stand in ihrer Studie - das Deutsche Sport-Fernsehen werde niemals Gewinn machen.

DSF, ddp

"Wenn es was zu feiern gibt, dann beim DSF." Die Geschaeftsfuehrer des DSF Thomas Deissenberger (l.) und Rainer Huether (r.) bei der Pressekonferenz.

(Foto: Foto: ddp)

Abschalten! Das war die logische Konsequenz für den damaligen Bertelsmann-TV-Chef Michael Dornemann. Er wollte mit Leo Kirch rund um das Pay-TV von Premiere ein neues Super-Fernsehen konstruieren, und da war für Kirchs DSF kein Platz.

Heute ist alles ganz anders: Kirch pleite, Dornemann längst entsorgt - und das DSF macht wirklich Gewinn. 13 Jahre nach dem Start - und Verlusten von geschätzten 500 Millionen Euro - freuen sich die Chefs des Münchner Sportsenders am Leben.

Sie melden für 2004 bei 107,4 Millionen Euro Umsatz einen operativen Gewinn von 8,1 Millionen.

Rainer Hüther, Vorsitzender der Geschäftsführung und Vorstand des Alleinbesitzers EM.TV: "Wenn es was zu feiern gibt, dann beim DSF."

Fast wie in der alten New Economy

Erstmals lud man folgerichtig zur Pressekonferenz in ein Fernsehstudio; zwischen den Statements donnerten aufwändig produzierte Video-Clips mit Sportsequenzen. Es war fast so wie in der alten New Economy.

Der Sender hat jedenfalls noch einiges vor. In dezenten Gesprächen mit den Öffentlich-Rechtlichen feilschen die Manager um Übertragungsrechte für Fußball-Uefa-Cup und deutschen Pokalwettbewerb.

Tennis-Daviscup, Basketball (EM und WM), Handball, Radsport (Tour de Suisse), Snooker und Dart hat sich DSF gesichert; auch zeigt der Sender künftig samstags das dritte freie Training der Formel1-Piloten. Hüther sieht die Schatulle gut gefüllt: "Wir haben die Mittel."

Für Erlöse sorgt zunehmend der so genannte T-Commerce. Darunter versteht der Sender auch die Stöhnnummern rund um "Sexy Clips" oder das hauseigene Sport-Quiz.

Neun live gibt's hier in der sportlichen Variante. Insgesamt erwirtschaftete DSF im Jahr 2004 mit Telefonaktionen 45 Millionen Euro. Dauerwerbesendungen füllen den halben Tag.

Vom Zuschauer zum Kunden

Demnächst soll auch ein DSF-Mobiltelefon auf den Markt kommen und Sportnews jederzeit zugänglich machen. "Wir wollen aus dem Zuschauer unseren Kunden machen", sagt Hüther.

Mitmischen will er künftig auch bei Sportwetten: "Die Vorfreude ist groß." Für EM.TV-Chef Werner Klatten ist die Bilanz der Tochter ein Papier der Freude.

Erst kürzlich hat er die DSF-Teilhaber Karstadt-Quelle und Hans-Dieter Cleven herausgekauft. Zu seinem Sortiment gehören noch Lizenzrechte im Jugend- und Kindergeschäft. Die einst vom Börsenblender Thomas Hafa aufgebaute Firma dealt zudem mit Plüschtieren aller Art. Sport Live! aber ist die große Devise im Unternehmen.

Die Zukunft des Cleven-Schützlings Boris Becker beim DSF allerdings ist so ungewiss wie ein Grand-Slam-Gewinn. Mit seiner Talkshow Becker 1:1 jedenfalls ist Schluss. TV-Chef Hüther: "Wir werden Dinge mit ihm tun, die ihm besser liegen."

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