Marktl:Ölscheichs interessieren sich für Ratzingers Geburtshaus

Der Hype um Papst Benedikt XVI. lässt erneut die Kasse klingeln: Nach dem Auto des Pontifex wird nun auch das Ratzinger-Haus zu Geld gemacht.

Das hätte sich Joseph Ratzinger nicht träumen lassen, dass einmal milliardenschwere Ölscheichs an seinem Lebenslauf interessiert sein könnten. Seit das Geburtshaus in dem schmucken bayerischen Dörfchen Marktl bei Altötting, wo Papst Benedikt XVI. vor 78 Jahren das Licht der Welt erblickte, zum Verkauf angeboten wird, laufen in der beauftragten Münchner Immobilienfirma die Telefone heiß.

Marktl: Objekt der Begierde: Ratzingers Geburtshaus in Marktl

Objekt der Begierde: Ratzingers Geburtshaus in Marktl

(Foto: Foto: AFP)

Aus aller Welt kommen Anfragen. Auch wenn Maklerin Karin Friedlmaier über ihre Kundschaft schweigt, ist doch durchgesickert, dass Immobilienfirmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die sich im Besitz von Scheichs befinden, unter den Meistbietenden sind.

Claudia Dandl verkauft das seit der Papstwahl von tausenden Gläubigen angesteuerte Gebäude am Marktplatz 11, weil sie den Rummel nicht mehr aushalten kann. Täglich belagern Touristen in Scharen das Haus und wollen sich darin umsehen. Vor der Haustür mit der Erinnerungstafel an den prominenten Bewohner spielen sich chaotische Szenen ab.

Wenn Dandl den Neugierigen erklärt, die Räume seien keineswegs öffentlich zugänglich, werden manche Papst-Fans grob. Ihre beiden Kinder trauen sich alleine schon nicht mehr vor die Tür. Dandl hatte das 1745 errichtete denkmalgeschützte Gebäude vor sechs Jahren gekauft und liebevoll saniert. Nun rechnet sie mit einem Erlös von mindestens einer Million Euro. Das könnte klappen.

Friedlmaier spricht von "finanzkräftigen Investoren aus dem Ausland". Sie hat seit Beginn des Bieterverfahrens vor drei Wochen Sondierungsgespräche mit rund 20 Interessenten geführt. 400 potenzielle Bewerber informierten sich auf einer eigens eingerichteten Homepage über das Objekt.

Unter den Interessenten ist auch der Papst-Getreue Helmut Brossmann, Manager der Volksmusikgruppe Kastelruther Spatzen. Der Geschäftsmann aus der Nähe von Regensburg ist seit kurzem stolzer Besitzer eines originalgetreuen Nachbaus jenes Papst-Golfs, der schon bald nach der Wahl Ratzingers zum Oberhaupt der katholischen Kirche für fast 200.000 Euro im Internet versteigert wurde.

Die Auktion hat bewiesen, wie gut die Geschäfte mit "Papa Ratzi", wie Benedikt XVI. vor allem von der jüngeren Generation genannt wird, laufen. Ratzinger hat keinen Führerschein, saß also nie selbst am Steuer des Volkswagens, sondern allenfalls einige Male auf dem Beifahrersitz, wenn sein Privatsekretär das Gefährt durch Rom lenkte.

Egal, ob nun ein Scheich oder Brossmann das Papst-Geburtshaus kauft, allen Bietern legt die Maklerin ein Nutzungskonzept ans Herz. Es sieht vor, dass im Erdgeschoss ein Verkaufsraum für Benedikt-Devotionalien entsteht, während sich der 1. Stock mit dem Geburtszimmer als eigentliches Museum anbietet. In zwei Nebengebäuden könnten eine kleine Gaststätte und Seminarräume entstehen. Das Bieterverfahren wird am 22. August abgeschlossen.

Spätestens dann tritt die Gemeinde auf den Plan. Der Heimatort von Benedikt XVI. ist selbst am Kauf des Hauses interessiert, hält sich aber aus dem Bieterverfahren derzeit noch heraus. Die Gemeinde hat ein verbrieftes Vorkaufsrecht. Bürgermeister Hubert Gschwendtner (SPD) ist mit dem Freistaat und dem Bistum Passau im Gespräch, um im Ernstfall genügend Geld für ein eigenes Angebot in der Hinterhand zu haben.

Er hofft, dass die Gemeinde am Ende "lachender Dritter" ist. Denn es ist Gschwendtners sehnlichster Wunsch, dass Benedikt XVI. selbst in seinen Geburtsort kommt und das neue Papstmuseum einweiht.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: