Einfach ein heterosexueller, glücklich verheirateter Typ, der Porsches und schöne Frauen liebt und gerne High Heels und Röcke trägt: So beschreibt sich der Amerikaner Mark Bryan, der derzeit in Deutschland arbeitet, in seinem Profil auf Instagram - und etwa 190 000 Follower schauen ihm seit zwei Wochen dabei zu.
SZ: Herr Bryan, Sie tragen bei der Arbeit lieber Bleistiftrock und High Heels als Anzug und Lackschuhe?
Mark Bryan: Ich arbeite jetzt seit 30 Jahren als Ingenieur, und die meiste Zeit habe ich Anzug und Lackschuhe getragen. Schwarz, Blau, Grau, Braun, langweilig. Ich habe mich nicht wohlgefühlt. Also habe ich vor vier Jahren begonnen, High Heels zum Anzug anzuziehen. Ein Bekannter hat mir dann gesagt, ich hätte ziemlich gute Beine und solle es mal mit Röcken probieren.
Und?
Als ich mich im Spiegel gesehen habe, dachte ich mir: Gar nicht so schlecht eigentlich. Röcke sind bequem, nur im Winter wird's untenrum ein bisschen kalt. Mit den Schuhen ist es anders. Am Anfang bin ich nur nach Aussehen gegangen - es war die Hölle. Ich habe mich ernsthaft gefragt, wie Frauen solche Schmerzen ertragen können. Dann habe ich im Internet gesucht und mir ein Paar mit weiterer Passform bestellt. Die waren besser. Und ich habe noch etwas gelernt: Am liebsten trage ich Schuhe mit zwölf Zentimeter hohem Absatz. Außer, wenn ich an einem Tag viel auf den Beinen bin. Dann dürfen es maximal acht Zentimeter sein.
Wer hat eigentlich gesagt, dass High Heels nur für Frauen gedacht sind?
Das ist die große Frage. Früher war es für Männer ganz normal, Roben und Absatzschuhe zu tragen. Meiner Meinung nach ist das ein Geschlechteridentitätsding, das wir Menschen in den vergangenen hundert Jahren entwickelt haben. Aber das sollte sich ändern. Als ich zur Schule gegangen bin, durften Frauen zum Beispiel noch keine Hosen tragen. Jetzt schon. Ich finde, weder Röcke noch Schuhe haben ein Geschlecht. Männer können Frauenkleidung und Frauen Männerkleidung tragen, ohne homosexuell oder trans zu sein. Einfach, weil es ihnen gefällt.
Mit dieser Einstellung treffen Sie anscheinend einen Nerv. Jedenfalls ging Ihr Instagram-Account in den vergangenen Tagen viral, wie man so schön sagt.
Vor zwei Wochen hatte ich 300 Follower. Mittlerweile sind es mehr als 200 000.
Klingt nach einem Vollzeitjob.
Eher nicht, ich genieße nur meine 15 Minuten im Rampenlicht. Ich habe auch nicht vor, ins Fashion-Business einzusteigen, ich bin Ingenieur und damit sehr glücklich. Wobei ich jetzt schon ein paar Model- und Werbeanfragen bekommen habe, bei denen ich definitiv darüber nachdenke, sie anzunehmen.
Und wie fallen die Reaktionen in der analogen Welt aus?
Wenn ich am Bahnhof stehe oder am Flughafen unterwegs bin, werde ich oft angesprochen, aber eigentlich nur nett. Frauen fragen mich, woher ich meine Schuhe habe, Männer fragen mich, wie ich auf diesen Schuhen laufen kann. Nur Teenagergruppen sind schwierig, da ist immer einer dabei, der cool sein will und einen blöden Spruch macht. Aber um die mache ich einfach einen Bogen.
Sie sind Vater von drei erwachsenen Kindern. Leiht sich Ihre Tochter manchmal Ihre Schuhe aus?
Sie würde gerne, aber leider hat sie eine andere Schuhgröße.