"Der Name desjenigen, der mich missbraucht hat, ist Brian Warner, der Welt auch bekannt als Marilyn Manson." Mit diesem Satz beginnt die US-Schauspielerin Evan Rachel Wood, 33, ihren Post, den sie am Montag auf Instagram öffentlich machte.
Schon in den Monaten zuvor hatte Wood auf dem sozialen Netzwerk über häusliche Gewalt geschrieben. Aus den Posts ließ sich interpretieren, dass Wood selbst Gewalt erfahren hat. Außerdem hatte sie 2016 in einem Brief an das Magazin Rolling Stone offenbart, dass sie in ihrem Leben zweimal vergewaltigt worden sei. Einmal von einem Barbesitzer und einmal von ihrem Partner. Wood schickte ihren Brief damals einen Tag nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten ab. Sie wolle ein Zeichen setzen gegen dessen frauenverachtendes Verhalten und seine Kommentare im Wahlkampf, sagte sie damals.
Jetzt hat Wood also preisgegeben, wer der mutmaßliche Vergewaltiger sein soll: Marilyn Manson, den Boulevardblätter gerne als "Schock-Rocker" betiteln, seit er 1994 sein erstes Album veröffentlichte. Der Künstlername ist eine Anlehnung an Schauspielerin Marilyn Monroe und Charles Manson, den Serienmörder. Das gespielt Teuflisch-Animalische, die schwarz-weiße Schminke im Gesicht, die überharten, düsteren, im Stile des Nu Metal gehaltenen Gitarrenriffs und die leicht faschistoid wirkenden Bühneninszenierungen - all das kam in deutschen Kleinstadtdiscos beim "Alternative-Rock-Tag" gut an und passte popkulturell als Antithese gut in die ansonsten doch vergleichsweise sorglosen Neunzigerjahre und frühen Nullerjahre, jene Zeit, in der Marilyn Manson seine größten Erfolge feierte.
Auch die Tat, derer Evan Rachel Wood den Künstler beschuldigt, soll schon einige Zeit zurückliegen. Zwischen 2007 und 2010 waren Wood und Warner mit einer Unterbrechung ein Paar, kurzzeitig waren sie sogar verlobt.
"Er hat sich mein Vertrauen erschlichen, als ich noch ein Teenager war, und mich dann jahrelang fürchterlich missbraucht. Ich wurde einer Gehirnwäsche unterzogen und zur Unterwürfigkeit manipuliert", heißt es in Woods Statement bei Instagram. Sie sei es "leid, in Angst zu leben und sich vor Vergeltung, Verleumdung oder Erpressung zu fürchten". Deshalb wolle sie an die Öffentlichkeit gehen, bevor Warner das Leben weiterer Opfer ruinieren könne.
Etwa 80 Prozent der Vergewaltigungen ereignen sich im engeren Umfeld des Opfers, das haben Untersuchungen gezeigt. Dass ein Mann seine Partnerin oder Ex-Partnerin vergewaltigt, kommt viel häufiger vor, als dass ein unbekannter Täter im Park eine zufällig vorbeikommende Frau überfällt. Doch ein Großteil der Fälle von Vergewaltigungen in Beziehungen werden nicht angezeigt. Dieses Dunkelfeld sexualisierter Gewalt öffentlich zu machen, war eines der Anliegen der "Me Too"-Bewegung, für die sich Wood schon länger engagiert. 2018 sagte sie vor einem Ausschuss des US-Kongresses aus und forderte die Parlamentsmitglieder auf, die Rechte von Opfern sexualisierter Gewalt zu stärken.
Wood ist nicht die Einzige, die Warner beschuldigt. Direkt nach ihrem Post haben sich vier weitere Frauen gemeldet und von ähnlichen Vorfällen berichtet, darunter die Models Sarah McNeilly und Ashley Lindsay Morgan sowie die frühere Pornodarstellerin Jenna Jameson. In den Schilderungen ist von körperlichen und seelischen Misshandlungen die Rede sowie von entwürdigenden Sexualpraktiken.
Die Angelegenheit wird bisher allein über Instagram-Posts verhandelt
Am Montagabend meldete sich Brian Warner zu Wort. Seine Kunst und sein Leben seien schon lange "Anziehungspunkte für Kontroversen", schrieb er auf Instagram, aber die jüngsten Behauptungen über ihn seien "schreckliche Verfälschungen der Realität". Seine intimen Beziehungen seien immer in jeder Hinsicht einvernehmlich gewesen.
Bei gegenseitigen, auf Instagram geäußerten Vorwürfen dürfte es in diesem Fall aber nicht bleiben. Die demokratische Senatorin Susan Rubio aus Kalifornien will den Fall auf eine andere Ebene ziehen. Sie hat sich in einem Brief, den Evan Rachel Wood öffentlich machte, an FBI-Direktor Christopher Wray und an Monty Wilkinson gewandt, den kommissarischen Justizminister der USA. Rubio fordert die Verantwortlichen in Washington auf, die Vorwürfe um Marilyn Manson unverzüglich zu untersuchen.
Die Plattenfirma, bei der Manson unter Vertrag steht, will nicht auf das Ergebnis dieser Untersuchung warten. Sie hat bereits am Tag des Bekanntwerdens der Vorwürfe reagiert und die Zusammenarbeit mit dem Künstler beendet. Aufgrund der "verstörenden Anschuldigungen", heißt es in einem von Loma Vista Recordings auf Twitter veröffentlichten Statement, werde man das aktuelle Album von Marilyn Manson nicht weiter vertreiben und auch sonst keine weiteren Projekte in Angriff nehmen.
Evan Rachel Woods Vorwürfe gegen Manson haben eine, bisher in der Öffentlichkeit nur wenig bekannte, Vorgeschichte. Bereits im September vergangenen Jahres befragte die Zeitschrift Metal Hammer den Künstler in einem Telefoninterview zu seiner Beziehung mit Wood und griff damit Gerüchte auf. In verschiedenen sozialen Medien hatten Nutzer spekuliert, dass Wood mit früheren Andeutungen, sie habe in einer Beziehung als Teenager sexualisierte Gewalt erfahren, zeitlich nur die Liaison mit Manson meinen könne. Als der Reporter Woods Namen erwähnte, legte Manson auf.