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Aufräum-Phänomen:Marie Kondo soll ihre berühmte Falttechnik geklaut haben

Mit "KonMari" wurde die Aufräum-Spezialistin weltberühmt und reich. Nun klagt eine andere Promi-Aufräumerin an: Kondos Methode habe sie viel früher erfunden.

Marie Kondos größtes Glück war es, an ihrem 18. Geburtstag die Nationalbibliothek in Tokio besuchen zu dürfen. Endlich. Denn dort gebe es eine große Abteilung mit Werken zum Ordnen, Entrümpeln und Aufräumen, so hat es Kondo der New York Times einmal erzählt. Kondo, die heute 34-jährige Japanerin, die schon mit fünf Jahren Wohnzeitschriften studiert und das Kinderzimmer ihrer Schwester aufgeräumt haben soll. Kondo, die durch das Aufräumen (und ihre Netflix-Serie "Aufräumen mit Marie Kondo" sowie Millionen verkaufter Bücher) zum weltweiten Phänomen geworden ist und für das Time Magazine zu den 100 einflussreichsten Persönlichkeiten der Welt gehört. Kondo, die sich den Namen ihrer Aufräummethode hat schützen lassen. Und durch ihr "KonMari" zur Multimillionärin geworden ist. Alles Erfolge, die eigentlich nicht Kondo, sondern zumindest zu einem großen Teil ihr gebühren sollten, findet Linda Koopersmith.

"Ich bin eine Pionierin des Organisationsgeschäfts. Ich habe 1989 angefangen", sagte die 59-Jährige der New York Post. Koopersmith arbeitet demzufolge seit 30 Jahren als Ordnungsexpertin vor allem für Prominente, ihre Kunden sollen unter anderem Tennisspielerin Serena Williams, Sängerin Jennifer Lopez und Schauspieler Orlando Bloom sein. Koopersmith behauptet nun, die Faltmethode, bei der Klamotten zu kleinen Paketen gefaltet und aufrecht in Schrank oder Schublade gelagert werden, sei ihre: "Was Marie ihre 'KonMari'-Methode nennt, ist eigentlich eine Falttechnik, die ich vor 27 Jahren erfunden habe."

Schon 2005 habe Koopersmith die Methode in ihrem Buch "The Beverly Hills Organizer's Home Organizing Bible" erwähnt und außerdem immer wieder in YouTube-Videos und der TV-Show "Clean House" (2003-2011) gezeigt.

"Trotzdem wurde behauptet, Marie sei die Schöpferin der 'aufrechten Falte'", sagte Koopersmith. Niemand habe Kondo gefragt: "Wie bist du darauf gekommen?" Deswegen habe sie sich ziemlich geärgert, als sie zum ersten Mal Kondo falten sah. "Ich hatte das Gefühl, jemand hätte mein Baby gestohlen."

Einige Online-Kommentatoren argumentieren unter den Videos und Artikeln, dass das Ergebnis bei Kondo und Koopersmith das gleiche sei: Die Klamotten liegen eng und aufrecht gefaltet in Schubladen und Kommoden - der Weg dahin sei zwar ähnlich, aber doch anders. Kondo und Koopersmith haben in ihren Arten zu falten demzufolge doch den ein oder anderen Unterschied. Kritik bekommt Koopersmith jedenfalls dafür, dass sie nicht so lange hätte schweigen sollen, wenn das doch ihre Falttechnik sei.

Warum sie ihre Vorwürfe erst jetzt, nach dem sagenhaften Aufstieg Kondos, äußert, verrät Koopersmith nicht. Was sie sich erhofft, das aber verrät sie schon: "Ich möchte dafür anerkannt werden, dass ich die Technik erfunden habe, die das Leben vieler Menschen verändert hat."

Patent auf Falttechnik?

Im Kern sind Koopersmiths Vorwürfe nicht neu. Schon 2016, lange vor Kondos Netflix-Serie, widmete die New York Times ihnen ein Feature. Dessen Titel: "Der rücksichtslose Krieg um Zeugs". Ein Krieg, der zwischen der wirklich existierenden Association of Professional Organizers (NAPO) und Kondo entbrannt sein soll. Im NAPO, dem nationalen Verband der US-Aufräumer, herrsche der New York Times zufolge einstimmige Verachtung gegenüber Kondo. Weil diese nur das mache, was so viele anderen auch machen: Aufräumen. Aber eben mit ausgefeiltem Marketing.

Das übrigens sagt auch die nun Vorwürfe erhebende Linda Koopersmith: dass sie glaube, Kondo sei eben eine Marketing-Sensation, die ihren Ruhm auf dem Rücken anderer, hart arbeitender Vor-Aufräumer ergaunert habe. Inwiefern Koopersmith ein Gerichtsverfahren anstreben könnte, sei dahingestellt - eine Falttechnik kann man sich wohl kaum patentieren lassen.

Reagiert auf Koopersmiths Vorwürfe hat Kondo bislang übrigens nicht.

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