Süddeutsche Zeitung

Maria Theresia von Thurn und Taxis:Hochzeits-Ausflug in die Provinz

Maria Theresia Prinzessin von Thurn und Taxis heiratet den Londoner Künstler Hugo Wilson nicht in Großbritannien oder in Regensburg - sondern im beschaulichen Tutzing am Starnberger See. Dort stellt man sich vor allem eine Frage: Wohin mit dem Toilettenwagen?

Von Jana Stegemann, Tutzing

Tutzing am Starnberger See ist an diesem Samstagnachmittag ziemlich verschlafen. Feiner Nieselregen tropft auf die verlassenen Straßen. Gegenüber der katholischen Kirche rechts vom Rathaus haben sie ein großes weißes Zelt aufgebaut. Davor dreht ein Kinderkarussell ohne Fahrgäste seine Runden, gebrannte Mandeln kosten zwei Euro und im Zelt, gegen das der Regen klatscht, stellen sich die Vereine vor: Volksfest in Tutzing.

Das wahre Volksfest findet an diesem Tag jedoch wenige Meter entfernt statt: In der katholischen Kirche wird in einer Stunde ein Mitglied des europäischen Adels heiraten: Maria Theresia, die älteste Tochter von Gloria von Thurn und Taxis.

Die Fürstenfamilie aus Regensburg besitzt in Tutzings Nachbarort Feldafing direkt am See das ockergelbe Schloss Garatshausen, in dem schon Kaiserin Sisi wohnte. Und weil die 33-jährige Maria Theresia gute Erinnerungen an ihre Ferien auf der Sommerresidenz der Familie hat, soll sie sich entschieden haben, nicht etwa im coolen London, ihrem jetzigen Wohnort, zu heiraten, sondern eben in Tutzing.

Für alle, die bei Thurn und Taxis nur Gloria verstehen: Tochter Maria Theresia arbeitet als Journalistin und Künstlerin in London. Der Bräutigam verließ als 17-Jähriger sein elitäres Elternhaus, um sich in Italien als Maler durchzuschlagen. Mittlerweile stellt er unter anderem in New York und Los Angeles aus, seine Tierporträts erzielen weltweit satte Erlöse. Für seine Frau konvertiert Wilson, der bisher der protestantischen Kirche von England angehört, sogar zum Katholizismus.

Nicht alle Einwohner waren im Vorfeld begeistert von den Feierlichkeiten, wie den lokalen Medien zu entnehmen war. Schließlich kollidiert die Hochzeit mit dem viertägigen Volksfest. Und weil der Dorfkern sehr klein ist, einigte man sich darauf, zwischen 16 und 18 Uhr die Blasmusik im Zelt zu unterbrechen.

Gloria - ein "ganz normales Gemeindemitglied"

Der grüne Toilettenwagen wurde nach längeren Diskussionen hinter Büschen versteckt. Ansonsten hätte das Brautpaar beim Hinausgehen aus der Kirche direkt auf das mobile Klohäuschen geblickt, und das sollte den Liebenden offenbar nicht zugemutet werden.

Es sollen sich einige im Ort über solche Ausnahmeregelungen sehr aufgeregt haben, sagt man hinter vorgehaltener Hand. Bürgermeister Rudolf Krug will davon nichts wissen. Man freue sich auf die Zeremonie und die Hochzeit sei doch eine besondere Ehre, sagt er in die Fernsehkameras.

Gegen 15:30 Uhr wird es auf dem Vorplatz vor der St.-Joseph-Kirche eng. Zumeist ältere Damen kämpfen bereits eine Stunde vor Beginn der Trauung um die besten Plätze. Menschen, die in ihrem Blickfeld Regenschirme aufspannen, werden rüde zurechtgewiesen.

In Tutzing, sagt eine Dame, sei "die Gloria" ein ganz normales Gemeindemitglied. Ob sie ihren Porsche an der örtlichen Tankstelle parke oder Gestecke im Blumenladen abhole - "sie grüßt immer sehr freundlich", erzählt eine andere Zuschauerin mit großen Perlenohrringen. Die Tochter kenne man nicht so gut, aber die Frauen haben sich informiert: "Man hört, sie hat keine Allüren." Sowas ist wichtig im millionärsbevölkerten Tutzing, wo der ehemalige Rathauschef auch Wert darauf legte, dass in dem Ort auch Sozialhilfeempfänger leben.

Die ersten Gäste werden um 15.44 Uhr in einem dunklen VW-Bulli vorgefahren. Weil das Brautpaar sich vor fünf Jahren an einer vornehmen Londoner Kunst-Uni kennenlernte und in der dortigen Kunstszene sehr aktiv ist, sind viele Gäste aus der britischen Hauptstadt nach Tutzing gereist. Gepoltert wurde den Abend zuvor in der Münchner Nobeldisco P1.

Einige Gäste tragen trotz Nieselregens Sonnenbrillen, vielleicht wollen sie die Spuren der Nacht kaschieren. Wenn Londoner Shabby-Chic auf bayerische Festtagstracht trifft, bietet das natürlich reichlich Gesprächsstoff unter den Zaungästen. Man sieht sowohl ältere deutsche Frauen in pastellfarbenen glänzenden Kostümen mit Hut oder Fascinator, als auch die Luxusvariante des Hipsters. Auffallend viele der jungen Männer aus London tragen zum vornehmen Cutaway Vollbart und zotteliges, langes Haar.

Schrillste Gäste: der Designer Philip Colbert und seine Frau Charlotte. Er trägt einen dunklen Anzug, der mit roten Hummern bestickt ist. Sie ein extravagantes Kleid in in Fischoptik mit gelber Schleppe - soll nach Aussage der Trägerin Englands inoffizielles Nationalgericht "Fish and Chips" symbolisieren - und eine Handtasche in Form einer Wassermelone.

Um 16.09 Uhr fährt ein Reisebus vor. Mittlerweile warten Hunderte Schaulustige auf dem Kirchvorplatz. Ein paar Polizisten sichern die Straße. Direkt vor den Kirchentüren ist ein Stehpult aufgebaut. Dort kontrollieren Mitarbeiter des Fürstenhauses, wer Zutritt zur Kirche hat und binden den Gästen hellblaue oder rosafarbene Bänder ums Handgelenk.

Hugo Wilson, der Bräutigam, kann sich - in Begleitung mehrerer Männer - unbemerkt vom tratschfreudigen Publikum einen Weg durch die Menge bahnen. "Excuse me", entschuldigt er sich höflich. Bis auf den langhaarigen VIP-Fotografen erkennt ihn niemand.

Ganz anders, als ein großgewachsenes Paar - er mit zurückgegelten Haaren, sie im lilafarbenen Satinkleid - auf die Kirche zuläuft. Die erkennen jetzt auch die älteren Damen. Die Casiraghis. Der älteste Sohn von Caroline von Monaco mit seiner Frau Tatiana Santo Domingo, einer kolumbianischen Milliardärstochter. sind die bekanntesten Gäste der Hochzeit. Dann brandet noch einmal Jubel auf, als Gloria vorfährt. Sie trägt ein Festdirndl, auftoupiertes Haar, eine weiße Pelzstola und ihr jahrzehntelang einstudiertes Lächeln.

Ein Kamm für alle Fälle

Wenige Minuten nach der Brautmutter trifft die Braut in einem grauen Bentley ein. Sie wird von ihrem jüngeren Bruder Albert zum Altar geführt. Die Tutzinger Trachtengilde steht Spalier. Weil noch Kirchenbänke frei sind, dürfen eine Handvoll Schaulustige hinein.

Die Messe wird vom Londoner Priester Alexander Sherbrooke gehalten, die jüngere Schwester der Braut, Elisabeth, liest aus dem ersten Brief des Apostels Johannes vor. Die Zeremonie ist feierlich-britisch, der örtliche Kirchenchor singt die seit Wochen einstudierten Lieder von Mozart, Händel und Bach. Alles läuft reibungslos, nur das Weinen eines kleinen Jungen stört die Szenerie. Braut und Bräutigam sagen "Yes", das ist ja das Wichtigste.

Dezente Blumenarrangements aus lachsfarbenen Rosen schmücken die Kirche. Diese finden sich auch auf dem cremefarbenen, schulterfreien Brautkleid der britischen Designerin Vivienne Westwood wieder. Brautmutter Gloria und Designerin Westwood teilen ihre Leidenschaft für Punk, doch das Outfit der Braut ist bis auf den signalroten Lippenstift das genaue Gegenteil: Ein romantisches Kleid aus Seide, ein zarter Schleier und ein filigranes Diadem in den gewellten rötlichen Haaren.

Anderthalb Stunden hat Promi-Friseur Gerhard Meir die Haare der Braut frisiert und gesteckt. Er wartet vor der Kirche, in seiner Jackentasche ein Kamm. Für den Notfall. Geschminkt habe sich Maria Theresia übrigens ganz alleine, sagt er. Aha.

Doch Meir, der in den Achtzigern die schrillen Frisuren der Brautmutter verantwortete, muss nicht einschreiten. Maria Theresias Frisur sitzt, auch noch als der Schleier gelüftet wird. Nach der Trauung stimmen Chor und Hochzeitsgäste das Lied "Großer Gott wir loben dich" an. Kurz vor Schluss verliest Sherbrooke am Altar noch ein Schriftstück des päpstlichen Kardinalstaatssekretärs: Papst Franziskus gratuliert darin zur Vermählung und schickt dem Brautpaar seinen Segen aus Rom.

Als das Brautpaar nach draußen tritt und nicht auf den Toilettenwagen sondern erneut auf die Schaulustigen blickt, wird es noch mal hektisch vor der Kirche. Dann steigen die Frischvermählten in ein mit Dutzenden Herzchenluftballons dekorierten Wagen und verschwinden in Richtung Schloss. Die Gäste des Brautpaares stehen unterdessen im Tutzinger Nieselregen vor der Kirche und warten auf den Bus, der sie zur Feier bringt. Es gibt nicht genügend Regenschirme.

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