Baden-Württemberg:Erneut Toter nach Polizeieinsatz in Mannheim

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Polizeieinsatz im Mannheimer Stadtteil Waldhof: Nach einem Schuss ins Bein ist hier ein Mann in einem psychischen Ausnahmezustand ums Leben gekommen. (Foto: Rene Priebe/dpa)

Ein Mann droht, sich das Leben zu nehmen, und verletzt sich selbst schwer. Die Polizisten versuchen, ihn mit einem Schuss ins Bein zu überwältigen. Der Mann stirbt - laut Obduktion war der Schuss allerdings nicht die Todesursache.

Nach einem erneuten Todesfall nach einem Polizeieinsatz in Mannheim hat eine Obduktion die Todesursache geklärt. Laut dem vorläufigen Ergebnis hat der Beinschuss, den ein Beamter abgegeben hatte, nicht zum Tod eines 31-Jährigen geführt, wie das Landeskriminalamt am Mittwoch mitteilte. "Nach dem Ergebnis der Rechtsmedizin ist der Tod auf Herz-Kreislauf-Versagen und hohen Blutverlust zurückzuführen", hieß es. Insbesondere eine Stichverletzung im Bereich des Schlüsselbeins habe zu massiven Blutungen geführt. Die Stichverletzungen habe sich der Mann selbst zugefügt.

Vorausgegangen war ein Einsatz wegen häuslicher Gewalt. Bevor die Polizei eintraf, soll der 31-Jährige im Streit mit seiner Mutter gedroht haben, sich selbst zu töten. Laut LKA versuchten die herbeigerufenen Polizisten, den Mann mit Reizgas zu überwältigen. Als das nicht gelang, habe es eine "gezielte Schussabgabe in das Bein des 31-Jährigen" gegeben. Kurz darauf starb der Mann, der sich in einem psychischen Ausnahmezustand befunden haben soll.

Eine Ermittlungsrichterin hat eine "zeitnahe" Prüfung angeordnet, wie das Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg mitteilte. Es hat die Ermittlungen übernommen.

In Mannheim hatte erst vor rund einer Woche ein Vorfall für Empörung gesorgt: Am 2. Mai war dort ein 47-Jähriger nach einer Polizeikontrolle im Krankenhaus gestorben. Im Internet kursieren Videos, die den Einsatz zeigen sollen. Darin schlägt ein Beamter auf den Kopf eines am Boden liegenden Mannes ein. Diese Filmsequenzen sowie weitere Hinweise von Zeugen werden von Ermittlungsbehörden untersucht. Nach früheren Behördenangaben zeigte die Leiche des Mannes Spuren stumpfer Gewalt, die aber "von geringer Intensität gewesen" seien. Woran der Mann starb, ist noch unklar.

Der Tod des 47-Jährigen hat die Stadt aufgewühlt. Am Ort des Vorfalls, vor einer Metzgerei in der Mannheimer Innenstadt, legten Menschen neben Blumen auch zahlreiche Schilder nieder, die sich gegen das Vorgehen der Polizei richteten. Am vergangenen Samstag zogen 900 Menschen durch die Stadt, um gegen Polizeigewalt zu demonstrieren. Mannheims Polizeipräsident Siegfried Kollmar ging davon aus, dass das Ereignis die Polizei in der Stadt Vertrauen gekostet habe: "Unsere Bemühungen haben einen Knacks bekommen", sagte Kollmar. "Wir werden einige Wochen und Monate brauchen, bis wir Vertrauen zurückgewonnen haben."

Anmerkung der Redaktion: Wir haben uns entschieden, nur sehr zurückhaltend über Suizide oder Suizidversuche zu berichten. Der Grund ist die hohe Nachahmerquote nach jeder Berichterstattung über Selbsttötungen. Wenn Sie sich selbst betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge . Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die in vielen Fällen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen konnten.

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