Mali:Das lange Warten auf die Geiseln

Die Freilassung der Sahara-Geiseln verzögert sich. Ein malisches Flugzeug wartete vergeblich auf die 14 Touristen, die vor sechs Monaten entführt worden waren. Dennoch hofft die Bundesregierung auf ein baldiges Ende. Sprecher Bela Anda sagte, die Verhandlungen seien "in einer wichtigen Endphase". Außenminister Joschka Fischer nannte die Situation "extrem schwierig".

Von Annette Ramelsberger

(SZ vom 19.8. 2003) - Offenbar gab es am Montag Probleme, die Geiseln von ihren verschiedenen Aufenthaltsorten in die Stadt Tessalit zu bringen, wo sie von einem malischen Flugzeug aufgenommen werden sollten.

Die Geiselnehmer hatten ihre Gefangenen getrennt und in Gruppen von zwei oder drei Personen in einem Umkreis von mehreren hundert Kilometern verteilt.

So wollten sie eine gewaltsame Befreiung durch das Militär verhindern. Nun dauert es offenbar einige Zeit, die Geiseln wieder zusammenzuführen.

Bereits am Sonntag war eine Transall der deutschen Luftwaffe in die Stadt Gao im Norden Malis geflogen.

Dort sollte diese die 14 Geiseln an Bord nehmen, die von einer malischen Maschine aus Tessalit gebracht werden sollten. Doch das malische Flugzeug kehrte am Sonntagabend ohne die Geiseln zurück. Auch die Transall flog deswegen wieder ab. Am Montag versuchten die Vermittler es erneut.

Die Transall flog wieder nach Gao, wo sie stundenlang wartete.

Weniger Lösegeld als erwartet

Die Vermittler hoffen nun, dass tatsächlich nur logistische Probleme die Übergabe der Geiseln verzögern.

Denn eigentlich ist der Handel abgeschlossen: Grundsätzliche Streitfragen scheinen die Verhandlungsführer um den Tuareg Iyad Ag Agaly und den Provinzgouverneur Baba Touré bereits vergangene Woche ausgeräumt zu haben.

Offensichtlich hat die Bundesregierung mit Hilfe der malischen Regierung Lösegeld gezahlt - wenn auch bedeutend weniger, als in den vergangenen Wochen kolportiert wurde.

Außenminister Joschka Fischer sagte, die "grundsätzlich ablehnende Haltung der Bundesregierung" zu solchen Zahlungen sei klar.

"Gleichzeitig tut sie alles, um die Geiseln freizubekommen", sagte Fischer. Wie die Süddeutsche Zeitung erfuhr, handelt es sich aber lediglich um einen Betrag im einstelligen Millionenbereich, etwa ein Zehntel der 60 Millionen Euro, die immer wieder genannt worden waren.

Außenamtssprecher Walter Lindner sprach am Montag die Verantwortung von Touristen für ihre Sicherheit auf Reisen an.

Touristen müssten ihre Reisen eigenverantwortlich planen. Die Reisehinweise, die das Auswärtige Amt über 191 Staaten veröffentliche, bedeuteten nicht, dass der Staat das Reiserisiko trage.

Das Auswärtige Amt hatte bereits im Januar einen Reisehinweis herausgegeben, der auf die Gefahren im Süden Algeriens hinwies. Dort wurden die Geiseln später entführt.

Umfassende Information versprochen

Regierungssprecher Anda kündigte an, die Bundesregierung werde die Öffentlichkeit umfassend informieren, sobald die Geiseln in deutscher Hand seien.

"Aus naheliegenden Gründen" könnten derzeit keine Details zur Übergabe der Sahara-Urlauber preisgegeben werden.

Der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Jürgen Chrobog, war am Sonntag zum zweiten Mal binnen einer Woche nach Bamako gereist. Er wartete am Montag darauf, die Geiseln in Empfang zu nehmen.

Die Regierung in Mali erklärte am Montag, sie hoffe, die Touristen würden noch im Laufe des Tages freikommen. Die Übergabe verzögerte sich aber immer weiter.

Dennoch wartet in Bamako ein Airbus der deutschen Luftwaffe mit Ärzten und Psychologen an Bord, der die Geiseln - neun Deutsche, vier Schweizer und ein Niederländer - umgehend nach Deutschland bringen soll.

Auf dem Flug sollen sie medizinisch versorgt werden.

Ihr Gesundheitszustand gilt als relativ gut - angesichts der Strapazen, die sie erlebt haben. Eine der Geiseln, die Augsburgerin Michaela Spitzer, ist Ende Juni an einem Hitzschlag in der Wüste gestorben.

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