Madonna:Zurück in die Disco

Was für eine Musik ist wohl von einer 47-jährigen Mutter zweier kleiner Kinder zu erwarten? Da sich die Interpretin auf der neuen CD ihrer Anfänge in den 70-er Jahren besinnt: Disco bis zum Umfallen.

"Ich will, dass die Leute von ihren Sitzen aufspringen", gab die Sängerin selbst die Richtung für die neue CD "Confessions On A Dancefloor" vor. Wummernde Bässe, die Möbel und Fenster zum Vibrieren bringen, Riesenwellen von Computer-Streichern und ansteckende Beats bringen dabei wohl jeden dazu, irgendwann zumindest mit dem Fuß zu wippen.

Madonna: Macht wie immer eine gute Figur: Madonna.

Macht wie immer eine gute Figur: Madonna.

(Foto: Foto: dpa)

Wüsste man allerdings nicht, dass es Madonna ist, die da singt, würde man bei vielen der Titel eher nicht darauf kommen - sie klingen wie vieles andere, was in Clubs oder Modeläden so aus den Lautsprechern dringt.

Das Geschäft ist härter geworden für Madonna. Die Zeiten, da sie die unangefochtene Stil-Ikone war, die über In und Out bestimmte und mit einem einzigen Auftritt einen Mode-Trend auslösen konnte, sind Vergangenheit.

Queen-Mum des Pop

Bei den jungen Plattenkäufern gelten jüngere Konkurrentinnen wie Gwen Stefani oder Beyoncé als cool. Madonna ist zwar immer noch eine Instanz, wie ihre ausverkaufte "Re-Invention"- Tour im vergangenen Jahr zeigte, doch irgendwie schon eher die Queen-Mum des Pop denn eine ganz heiße Nummer von heute.

Und spätestens seit dem peinlichen Film-Flop "Swept Away" unter der Regie ihres zehn Jahre jüngeren Mannes Guy Ritchie mischte sich zudem immer häufiger das Schmerzhafteste für eine alternde Diva zum üblichen Mediengebrabbel dazu - Spott.

Dancefloor-Album

Für die Rückkehr hat sich Madonna das Terrain ausgesucht, auf dem für sie in den 70-er Jahren alles begann - die Tanzfläche. Die neue CD ist ein perfektes Dancefloor-Album, das man von Anfang bis Ende durchtanzen kann, die meisten Songs gehen ohne Pausen in einander über, wie von einem DJ gemixt.

Zurück in die Disco

Auf der Strecke bleibt dabei allerdings ein zentrales Element des Gesamtkunstwerks Madonna - die Provokation. Man wird nie herausfinden können, ob sie ihre große Karriere mehr der Musik oder dem Aufsehen um ihre polarisierenden Auftritte verdankt. In den 80er Jahren erzürnte sie mit dem Video zu "Like A Prayer" die katholische Kirche.

In den 90ern schockierte sie das prüde Amerika mit ihrer Freizügigkeit im Bildband "Sex". Unvergessen bleibt auch ihr langer Bühnen-Kuss mit Britney Spears.

Als noch vor zweieinhalb Jahren das Vorgänger-Album "American Life" erschien, musste Madonna "aus Respekt für die Soldaten" im Irak-Krieg das kriegskritische Video zurückziehen, in dem sie unter anderem Granaten-Attrappen bei einer Modenschau warf.

Zweifel am amerikanischen Traum

In den Texten zweifelte sie den amerikanischen Traum an und vom Cover blickte sie in Gestalt des kubanischen Revolutionärs Che Guevara. Sie sang über den Tod ihrer Mutter und die Liebe zu ihren Kindern und wirkte reifer denn je.

Die neuen Songs sind glatt und ohne Kanten, handeln zumeist von Liebe, der Sound ist tanzfreundlich geglättet. Erst zum Schluss, im letzten Titel "Like It Or Not" kommt unverkennbar die trotzige Madonna durch. "Never Gonna Stop Me", sie sei nicht aufzuhalten, singt sie - und das glaubt man ihr auch.

Schließlich bewies sie gerade erst Mumm und ließ sich nicht durch den Reitunfall stoppen, bei dem sie sich an ihrem Geburtstag Mitte August drei Rippen, das Schlüsselbein und eine Hand brach. Trotz der Blessuren stand sie schließlich pünktlich auf der Bühne, um die mit Fragmenten von ABBAs "Gimme, Gimme, Gimme" versetzte Single "Hung Up" vorzustellen - und machte dabei wie immer eine gute Figur.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: